Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

40 Hochmittelalter (1170–1250) Der Fokus Wie eine frouwe wie Isolde gekleidet war Isolde ist schön Als Tristan Isolde für Marke abholen soll, gibt Gottfried von Straßburg eine genaue Beschreibung der Schön­ heit von Isolde und ihrer Kleidung: Sie trug aus braunem Samt einen Mantel und ein Kleid, geschnitten nach französischer Art. Das Kleid war dort, wo es an der Seite den Hüften auflag, ge- franst und eng gehalten, dicht an den Körper geführt mit einem Gürtel […] Das Kleid passte ihr wie eine zweite Haut, es schmiegte sich dem Körper an. Nir- gendwo trug es auf, sondern legte sich überall eng an, von oben bis unten. Es schlug Falten und drapierte sich zu den Füßen so üppig, wie jeder von Euch wünscht. Der Mantel war sorgfältig mit weißem Her- melin innen ganz ausgeschmückt in wellenartigen Streifen. Wo die Spangen hingehörten, war eine klei- ne Schnur aus weißen Perlen. Dort hatte die Schöne den Daumen ihrer linken Hand eingehängt. Die Rechte hielt sie etwas tiefer, Ihr wisst schon, wo man den Mantel schließen soll. Sie hielt ihn vornehm ge- schlossen mit zwei Fingern. […] Ich glaube, Isolde hat da viele Männer ihrer Sinne beraubt. Diese Darstellung entspricht verblüffend genau einer der berühmtesten Frauenfiguren der mittelalterlichen Kunst, nämlich der Skulptur der Markgräfin Uta aus dem Naumburger Dom, Mitte des 13. Jahrhunderts. Vergleichen Sie Beschreibung und Abbildung! Grenzenlos Was aus „frouwe“, „wîp“, „dame“, „herre“ geworden ist Die Frau Der Begriff Frau, mittelhochdeutsch „frouwe/vrouwe“ , bedeutete ursprünglich Herrin. Er ist die weibliche Form zu dem germanischen Wort *fraujan – das Stern­ chen zeigt an, dass das Wort nicht belegt, sondern von der Sprachwissenschaft „rekonstruiert“ ist. Die männli­ che Form – althochdeutsch „frô“ – ist früh verschwun­ den und nur mehr in Zusammensetzungen und Rede­ wendungen wie Frondienst , Fronleichnam und einer Sache frönen erhalten. Als Verkleinerungsform von Frau abgeleitet ist Fräulein , mittelhochdeutsch „vrou- welîn“ , das zunächst eine unverheiratete Frau aus vor­ nehmem Stand bezeichnet. Im 19. Jahrhundert wird Fräulein auch zum Namen für Mädchen bürgerlichen Standes, die bis dahin oft Mamsell und Demoiselle ge­ nannt wurden. Naumburger Meister, Stifterfiguren der Uta von Naumburg und ihrem Gemahl Ekkehard, 13. Jh. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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