Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

376 Literatur zwischen 1945 und 1968 ihren Rock in die Höhe und zeigt ihr linkes Bein : Lässt sich gut bewegen. Ill wischt sich den Schweiß ab : Wäre nie darauf­ gekommen, Wildkätzchen. Claire: Darf ich dir meinen siebenten Gatten vorstellen, Alfred? Besitzt Tabakplantagen. Führen eine glückliche Ehe. Ill: Aber bitte. Claire: Komm, Moby, verneig dich. Eigentlich heißt er Pedro, doch macht sich Moby schöner. Es passt auch besser zu Boby, wie der Kammerdiener heißt. Den hat man schließlich fürs Leben, da müssen sich dann eben die Gatten nach seinem Namen richten. […] Sie betrachtet das Häuschen links mit einem edelsteinbesetzten Lorgnon 1 . Claire: Diese Bedürfnisanstalt hat mein Vater errichtet, Moby. Gute Arbeit, exakt ausgeführt. Ich saß als Kind stundenlang auf dem Dach und spuckte hinunter. Aber nur auf die Männer. […] Ill lauernd : Du wirst uns helfen? Claire: Ich lasse das Städtchen meiner Jugend nicht im Stich. Ill: Wir haben Millionen nötig. Claire: Wenig. Ill begeistert : Wildkätzchen! Er schlägt ihr gerührt auf ihren linken Schenkel und zieht die Hand schmerzerfüllt zurück. Claire: Das schmerzt. Du hast auf ein Scharnier meiner Prothese geschlagen. […] Claire: Ein Specht. Ill: Es ist wie einst, wie wir jung waren und kühn, da wir in den Konradsweilerwald gingen, in den Tagen unserer Liebe. Die Sonne hoch über den Tannen, eine helle Scheibe. Ferne Wolkenzü- ge und das Rufen des Kuckucks irgendwo in der Wurzelwildnis. […] Kühles Holz und Wind in den Zweigen, ein Rauschen, wie die Brandung des Meeres. Wie einst, alles wie einst. […] Ill: Wäre doch die Zeit aufgehoben, mein Zauberhexchen. Hätte uns doch das Leben nicht getrennt. Claire: Das wünschest du? Ill: Dies, nur dies. Ich liebe dich doch! Er küsst ihre rechte Hand. Dieselbe kühle weiße Hand. Claire: Irrtum. Auch eine Prothese. Elfenbein. Ill lässt entsetzt ihre Hand fahren. Ill: Klara, ist denn überhaupt alles Prothese an dir! Claire: Fast. Von einem Flugzeugabsturz in Afghanistan. Kroch als einzige aus den Trüm- mern. Auch die Besatzung war tot. Bin nicht umzubringen. Szene 2 Der Bürgermeister: Herr Pfarrer, darf ich bitten. Der Pfarrer geht langsam zu Ill, setzt sich zu ihm. Der Pfarrer: Nun, Ill, Ihre schwere Stunde ist gekommen. 28 30 32 34 36 38 40 42 44 1 Brille, die an einem Griff vor das Auge gehalten wird 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 Szenenbild aus dem „Besuch der alten Dame“, Burgtheater Wien, 2018 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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