Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

327 Literatur zwischen 1925 und 1945 Nichts beschönigen, nichts „verhässlichen“ Horváth stellt der Buchausgabe des Dramas eine „Randbemerkung“ voraus, welche die Absicht des Stü­ ckes erklärt. Daraus drei Feststellungen: Wie in allen meinen Stücken habe ich mich auch bei diesem kleinen Totentanz befleißigt, es nicht zu vergessen, dass dieser aussichtslose Kampf des Individuums auf bestialischen Trieben basiert […]. Wie in allen meinen Stücken habe ich auch diesmal nichts beschönigt und nichts verhässlicht. […] Wie in allen meinen Stücken versuchte ich auch diesmal, möglichst rücksichtslos gegen Dummheit und Lüge zu sein, denn diese Rücksichtslosigkeit dürfte wohl die vornehmste Aufgabe eines […] Schriftstellers darstellen, der es sich manchmal einbildet, nur deshalb zu schreiben, damit die Leut sich selbst erkennen. Erkenne dich bitte selbst! Beurteilen Sie, welche Selbsterkenntnis die Person der Prantl aus dem Stück ziehen müsste, welche der Präparator, welche die Frau Amtsge­ richtsrat, welche Elisabeth. 5 „Das Erstaunliche war, dass er eben versucht hatte, einen anderen zu töten, kalt, klar und äußerst bewusst.“ Ernst Jünger: „In Stahlgewittern“ (1920) und „Sturm“ (1923) Eine Verherrlichung des Krieges? Bis heute wird über Ernst Jünger und sein Werk heftig diskutiert. Unzweifelhaft gibt es in seinen frühen Wer­ ken wie „In Stahlgewittern“ und „Sturm“ Stellen, die als Verherrlichung des Krieges gelten müssen, in dem Tapferkeit, der Kampf ebenbürtiger Gegner, Opfer­ bereitschaft und Ritterlichkeit zu finden seien. Zwar konfrontiert Jünger die Leser detailliert aus seinem eigenen Erleben mit dem Grauen, aber, wie ihm Kriti­ ker vorwerfen, nicht um davor zu warnen, sondern um daraus ein ästhetisches Sprachkunstwerk zu machen. Überdies sehe Jünger das Töten als eine Art von sport­ lichem Duell. Jünger warnt aber auch davor, dass der Krieg den Menschen anonymen Kräften ausliefert und zum „Kanonenfutter“ macht. Seine späteren Werke wie „Auf den Marmorklippen“ (1939) wenden sich eindeu­ tig gegen Gewalt, Totalitarismus, Krieg. Das NS-Regi­ me versuchte den Autor durch angebotene Ämter und Würden für sich zu gewinnen, Jünger lehnte jedoch ab. 1944 knüpfte er Beziehungen zum Widerstand gegen Hitler und wurde deshalb aus der Armee entlassen. „In Stahlgewittern“ und „Sturm“ schildern Jüngers Kriegs­ erlebnisse aus den Schützengräben der Front in Frank­ reich von Jänner 1915 bis August 1918. Ausschnitt 1, „Sturm“ Man schleuderte sich den Tod zu, ohne sich zu sehen; man wurde getroffen, ohne zu wissen, woher es kam. Längst hatte der Präzisionsschuss des geschulten Schützen, das direkte Feuer der Geschüt- ze und damit der Reiz des Duells dem Massenfeuer der Maschinengewehre und der geballten Artillerie­ gruppen weichen müssen. Die Entscheidung lief auf ein Rechenexempel hinaus: Wer eine bestimmte Anzahl von Quadratmetern mit der größeren Geschossmenge überschütten konnte, hielt den Sieg in der Faust. Eine brutale Begegnung von Massen war die Schlacht, ein blutiger Ringkampf der Produktion und des Materials. Ausschnitt 2, „Sturm“ Auch heute war wieder das Unglaubliche geschehen. Er hatte in seiner glühenden Mulde gelegen, regungs- los, eine Stunde lang, nichts im Auge als eine scharfe Biegung der langen, schmalen Erdlinie, die sich jenseits aus dem Grase hob. Es war dort eine Stelle, an der man alle zwei Stunden sekundenlang die Ablösung eines englischen Postens zu Gesicht bekam. Richtig, auch diesmal hatte er nicht vergebens gelegen, eben war drüben ein gelber Husch an der Erdkrone vorübergestreift. Der aufziehende Posten – nun musste 2 4 6 8 10 12 Aufgabe 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur u Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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