Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

325 Literatur zwischen 1925 und 1945 mir ist noch kein Mannsbild begegnet, das wo keinen Sinn für Strapsgürtel gehabt hätte! Wie war es denn in Kaufbeuren? Elisabeth: In Kaufbeuren war nichts. Die Prantl: Wieso hernach nichts? Kaufbeuren war doch immer phänomenal! Elisabeth: Ich war aber nicht in Kaufbeuren. Die Prantl: Sondern? Elisabeth: Ich wollte nämlich Zeit sparen und bin mit einem Auto gefahren, und zwar direkt in der Luftlinie – aber plötzlich hat die Ölzufuhr ausgesetzt und ich habe in einer Scheune im Walde übernachtet. Die Prantl fährt sie an: Im Wald? Meinens ich zahl umsonst?! Wenn Sie da mit derartigen Luftlinien weitermachen, haben Sie bis zum jüngsten Gericht die hundertfünfzig Mark noch nicht hereingearbeitet, die wo ich Ihnen für ihren Wandergewerbeschein vorgestreckt habe! Elisabeth: Aber das war doch eine höhere Gewalt. Die Prantl: Wenn die Angestellten jetzt auch noch mit der höheren Gewalt anfangen, dann höre ich auf! Dann bring ich mich um! Eine Blutvergiftung oder von der Trambahn herausfallen und einen Haxen brechen, das lass ich mir noch gefallen, aber den Luxus von einer höheren Gewalt habe ich Irene Prantl mir noch nicht geleistet! Elisabeth: Ich kann doch schließlich nichts dafür. Die Prantl: Schauns nur nicht gar so geschmerzt, Sie Fräulein höhere Gewalt! Schauns doch nur die Frau Amtsgerichtsrat an! Frau Amtsgerichtsrat hätten es gar nicht so notwendig und machen es aus purer Zerstreuung und haben den vierfachen Umsatz. Szene 3 Der Präparator stürzt herein und fährt sogleich auf Elisabeth los. Er ist außer Rand und Band. Präparator: Da sind Sie ja, Sie Betrügerin Sie! Sie Hochstaplerin Sie! Ihr Vater ist ja gar kein Zollinspektor. Wenn Sie mir das gleich gesagt hätten, dass er kein Zollinspektor ist, sondern bloß so ein Versicherungsinspektor, ja glaubens denn, ich hätte Ihnen hernach eine Existenz verschafft? Elisabeth: Aber das hab ich doch niemals behauptet. Präparator unterbricht sie: Jawohl haben Sie das behauptet! Elisabeth: Nein! Nie! Präparator schlägt mit seinem Spazierstock auf der Prantl ihren Schreibtisch, dass die Geschäftspapiere nur so berumflattern und brüllt: Zollinspektor! Zollinspektor! Zollinspektor! Die Prantl rettet ihre Geschäftspapiere und kreischt: Halt! Halt! Stille. Präparator verbeugt sich chevaleresk zur Prantl und zur Frau Amtsgerichtsrat hin: Entschuldigens meine Herrschaften, dass ich so aus heiterem Himmel, aber neben einem Versicherungs­ inspektor ist ja sogar noch ein lumpiger Ober­ präparator eine Kapazität und diese gefährliche Person dort hat mir mein gutes bares Geld heraus- gelockt – […]. Die Prantl zum Präparator: Nehmen Sie Platz bitte! Präparator: Danke – Er setzt sich. Ich bin nämlich ein herzensguter Mensch, aber ich vertrag es halt nicht, dass man mich belügen tut. Elisabeth: Ich habe nicht gelogen. Die Prantl: Geh so haltens doch endlich den Mund, Fräulein – […] Die Prantl: bietet dem Präparator Zigaretten an: Bitte! Präparator: Ich bin so frei – Er steckt sich eine an, lehnt sich bequem zurück und bläst genießerisch den Rauch von sich. Alsdann meine Herrschaften kommt diese Person da zu mir in die Wohnung, schleicht sich in meine väterlichen Gefühle hinein und ich zeig ihr mein Aquarium […] und obendrein kauf ich ihr auch noch einen Wander- gewerbeschein – und derweil ist der ihr Vater gar kein Zollinspektor! Ich habe mich nämlich erkundigt, schon wegen meiner inneren Sicherheit als Mensch, weil sich meine Umgebung immer lustig gemacht hat über mein weiches Herz. Die Prantl: Wandergewerbeschein? Was denn für Wandergewerbeschein? Den hat doch die von mir. Präparator: Was?! Von Ihnen auch?! Die Prantl: Das ist doch der Usus im Betrieb. Die Firma streckt den Angestellten die Möglichkeit zum Arbeiten vor und die Angestellten arbeiten es ab. Hundertfünfzig Mark. Präparator außer sich: Hundertfünfzig Mark?! Stille. Die Prantl: Das ist Betrug. Elisabeth fährt plötzlich los: Ich bin doch keine Betrügerin! 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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