Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

263 Naturalismus (1885–1900) richten, mein Bruadan. Aba da Pepi is a viel schuld an sein Malär, warum muaß a denn imma denan Mistviechan nochrennan! Was amal gschehn is, is gschehn! Wann a no so wild is, die klane Roserl macht a do net mehr lebendig, der arme Narr. Wis- sens, die Roserl war sei unehelichs Kind mit an Dienstmadl. Weil er no Gsell war und militärpflichti, habens net heiratn kennan, und do habns halt dös Bauxerl aufs Land zu aner Kostfrau gebn. Sei Madl hat sie um dös Kinderl gar net umgschaut. Aba mei Bruada hat ’s zum Fressen gern ghabt und is bald alle Monat ins Waldviertel auffigfahrn zu sein Töchterl. Und denkens Ihnan, amol kriegt er a Telegramm von dera Kostfrau, er soll si’ glei zammpacken und außi- kumman, a großes Unglück is gschehn. Der Pepi richt si Hals üba Kopf zamm und fahrt mitn nächstn Zug nauf; was glaubns, was ’s ihm erzähln? Sein klan Ro- serl habn d’ Ratzen ’s Halserl zerbissen! D’ Frau hat in d’ Stadt aufs Steueramt müssen, und da Bua hätt der- weil aufs Kind aufpassen solln. Der Mistbub laßt aber des drei Monat alte Bauxerl allani in Stall und geht mit seine Freunderln auf Gaudee. Wia d’ Frau ham- kummt nach a paar Stund, ruafts in Buam, suchts Kindl, in ganzen Häusl ka Spur von die zwa. Endlich gehts in Stall eina, husch – springen glei a paar Rat- zen bei ihr vorbei. In an Eck sichts was Weißes, sie rennt draufzu und derkennt zu ihrn Schreckn die kla- ne Rosl, voller Bluat, das Gsichtl und ’s Halserl ganz zerbissen, ’s hat si nimmer grührt, und wia nacher der Doktor kumman is, hat er a nix mehr tuan könnan. ’s war scho tot. Mei Bruada geht wie bsoffen aufs Gricht, durtn is sei arms Kind glegn. Seit der Zeit hat’s ’n packt. Wo a nur kann, macht a Jagd auf dö Rabenviecha, und ’s gleng- an wohl kane dreihundert Stuck, die er scho gfangan hat. Vur zwa Jahr hat ihm a Onkel a paar hundert Kronen gebn; da hat a sie dö Werkstatt eingricht, a grad in an Haus, wo d’ Ratzen am hellichten Tag um- atanzen! Wann a wenigstens gheirat hätt, aber davon wüll a nix wissen. Seiner Ehmaligen gibt a nämli d’ Schuld an den Unglück, der war do des Kind nur a Last, drum hat s’ es recht weit weg von Wien in d’ Kost geben. […] Segns, mei Bruada is so viel a guata Mensch, und grad ehrm muaß a so a Unglück treffn: manchmal kennt ma scho wirkli an dem durt obn zweifln!« 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Als Arbeiterliteratur im engeren Sinn bezeichnet man literarische Werke von Arbeitern/Arbeiterinnen, in denen sie sich mit ihren eigenen Lebensbedingungen auseinandersetzen und zu sozialer Gerechtigkeit aufrufen. Im weiteren Sinne ist mit diesem Begriff jede Literatur gemeint, die sich mit der Situation der Arbeiter/Arbeiterinnen befasst, unabhängig von der sozialen Herkunft des Autors/der Autorin. Info Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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