Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

254 Naturalismus (1885–1900) toben begann, mit Gewalt von der Strecke zu entfernen. Man musste ihm Hände und Füße binden, und der inzwischen requirierte Gendarm überwachte seinen Transport nach dem Berliner Untersuchungs­ gefängnisse, von wo aus er jedoch schon am ersten Tage nach der Irrenabteilung der Charité 1 überführt wurde. Noch bei der Einlieferung hielt er das braune Mützchen in Händen und bewachte es mit eifer­ süchtiger Sorgfalt und Zärtlichkeit. Fassen Sie die Ereignisschritte der Schlussszene mündlich zusammen. 2 „Hier wird der Mensch langsam gequält, hier ist die Folterkammer!“ Gerhart Hauptmann: „Die Weber“ (1892) „Die Weber“ zwischen „Vor Sonnenaufgang“ (1889) und „Vor Sonnenuntergang“ (1932) „Vor Sonnenaufgang“ ist Hauptmanns erster Bühnen­ erfolg. Das Thema: Aus Angst, dass ein gemeinsames Kind erblich belastet sein könnte, verlässt der Mann seine Geliebte, als er von der Trunksucht ihres Vaters und ihrer Schwester erfährt. Sie ersticht sich – vor Sonnenaufgang. Das Thema von „Vor Sonnenunter­ gang“: Ein alter Mann möchte mit einer jungen Frau, die ihn liebt, ein neues Leben beginnen. Die Familie des Mannes tut alles, um die Verbindung zu verhin­ dern, denn das Erbe soll in der Familie bleiben. Das Drama endet mit dem Selbstmord des alten Mannes. Dazwischen liegen Hauptmanns Dramen „Fuhrmann Henschel“ (1898), „Rose Bernd“ (1903), „Die Ratten“ (1911) und „Der Biberpelz“ (1893). Die wechselseitige Unterdrückung von Mann und Frau ist das Hauptthe­ ma dieser Dramen. Bei den Hundeessern Das 1892 aufgeführte Drama, von Hauptmann in zwei Fassungen – Mundart und Schriftsprache – gestaltet, spielt in einem der Weberzentren des 19. Jahrhunderts, in Schlesien. Hauptmann eröffnet das Stück mit einer Szene in der herrschaftlichen Villa des Fabrikanten Dreißiger. Die Weber, die laut Szenenanweisung wie Menschen aussehen, „die vor die Schranken des Ge- richts gestellt sind, wo sie in peinigender Gespanntheit eine Entscheidung über Leben und Tod zu erwarten ha- ben […], flachbrüstige, hüstelnde, ärmliche Menschen“ , müssen dort ihr Baumwollgewebe abliefern. Dreißiger und sein Angestellter Pfeifer drücken die Preise bis ins Extrem. Aufbegehren scheitert wie das Bitten um Vor­ schuss, um essen und überleben zu können. Die zweite Szene des Dramas bietet einen bewussten Kontrast: Von der Villa des Fabrikanten führt Hauptmann die Zu­ schauer in die Hütte des Webers Baumert: eng, schad­ haft, „mit Papier verklebte und mit Stroh verstopfte Fensterlöcher. […] Ein paar Kartoffelschalen sind zum Dörren auf Papier gelegt. […] Das Getöse der Webstüh- le, […] davon Erdboden und Wände erschüttert wer- den, […] erfüllt den Raum.“ Zu essen gibt es nichts au­ ßer einem zugelaufenen Hund. Der wird geschlachtet, da er ohnehin verhungern müsste. Doch als man ihn isst, muss man sich übergeben. Aus der extremen Not entsteht der Gedanke an Widerstand. Neben dem We­ ber Ansorge ist auch der ehemalige Soldat Moritz Jä­ ger in der Hütte, er kann lesen und schreiben und er kennt deshalb auch das Weberlied. 36 38 40 42 1 Berliner Krankenhaus 44 Aufgabe Szenenbild aus „Die Weber“, Staatliches Schauspielhaus Berlin, 1928 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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