Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
249 Das Fundament Der Aufschwung der Wissenschaft, aber auch harte soziale Gegensätze Die „glänzende Lichtseite“ der Wissenschaft und der „dunkle Abgrund“ der sozialen Verhältnisse Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts steht im Zeichen der optimistischen Suche nach wissenschaftlich über prüfbaren Naturgesetzen, die für die Entwicklung des Lebens, das Dasein des Menschen und das Verhältnis der Menschen untereinander bestimmend sind. Von ihnen erhofft man sich geistigen und materiellen Fortschritt. Parallel zu dieser „Lichtseite“ tut sich für die Beobachter der Epoche jedoch ein „dunkler Abgrund“ auf, die Ver schärfung der sozialen Gegensätze. Der Naturwissen schafter und Philosoph Ernst Haeckel, ein wichtiger Ver mittler der Ideen der Zeit, formuliert diesen Zwiespalt: Das Geistesleben der Kulturvölker im letzten Dezennium des neunzehnten Jahrhunderts, dessen Abschluss wir mit raschen Schritten entgegeneilen, bietet […] ein Schauspiel ohnegleichen. Auf der einen Seite bewundern wir mit freudigem Stolze die erstaunlichen Fortschritte der Naturwissenschaft, welche diesem Jahrhundert den Stempel aufdrückt. […]. Im schroffen Gegensatze zu dieser glänzenden Lichtseite unseres heutigen Kulturlebens erblicken wir auf der anderen Seite einen dunkeln Abgrund, in welchem die Barbarei des verrufenen Mittelalters mit abstoßender Rohheit fortwirkt. Um geringfügiger Anlässe willen zerfleischen sich die modernen Kulturvölker gegenseitig in den blutigsten Kriegen – in jedem einzelnen Kulturstaate bekämpfen sich die Parteien, die alle dessen Gesamtwohl erstreben sollten, mit dem kurzsichtigsten Egoismus […]. Und dieser barbarische Zustand unserer sozialen, morali- schen, politischen und religiösen Verhältnisse erhält sich ungestört bei allen Kulturvölkern der Gegenwart. […] Inmitten dieser ungeheuren Gärung, inmitten des tobenden Kampfes der größten Gegensätze, erhebt sich lauter und lauter von allen Seiten der Ruf nach Begründung einer neuen festen Weltanschau- ung. Dass eine solche nicht an der Hand der bisher herrschenden Glaubenslehren und insbesondere nicht auf Grund sogenannter übernatürlicher Offenbarung gewonnen werden kann, bedarf für jeden unbefangenen Denker keines Beweises mehr. Vielmehr ist in erster Linie zu verlangen, dass diese neue Weltanschauung vernünftig ist, d. h. […] dass sie den festgestellten Grundsätzen unserer vorge- schrittenen Naturerkenntnis nicht widerspricht. Geben Sie Haeckels Kritik und seine Forderun gen wieder und bestimmen Sie, gegen welche Institution sich diese Forderungen vor allem richten. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 Aufgabe 1885 Die Lyriksammlung „Moderne Dichter-Charakte- re“ richtet sich gegen die literarischen „Phrasendre scher“ und kämpft für „moderne deutsche Lyrik“ ; im selben Jahr erscheint die naturalistische Programm- zeitschrift „Die Gesellschaft“. 1900 „Mittelwert“ für das Ende des Naturalismus: Höhepunkt 1889 mit der Aufführung des sozialkriti- schen Dramas „Vor Sonnenaufgang“ von Gerhart Hauptmann in der „Freien Bühne“; in den 1890er-Jahren vorübergehende Abkehr Hauptmanns vom Naturalismus; 1911 „Die Ratten“, letztes großes naturalistisches Drama Hauptmanns. Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv
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