Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
211 Biedermeier/Vormärz (1820–1848) wird oft fälschlich als biedermeierlicher Naturdichter abgetan. Viele seiner Gedichte, wie die „Schilflieder“, haben zwar die Natur als Thema, doch diese vermittelt dem Menschen keine Geborgenheit mehr, in die er vor der Realität flüchten könnte. Viele Gedichte Lenaus sind von politischem Engagement geprägt und äu ßern sich aggressiv gegen Adel, Klerus, Unterdrückung und Untertanengeist, wie zum Beispiel der Beginn des Gedichtes „Lied eines Auswandernden“ zeigt: „Sei mir zum letztenmal gegrüßt, / Mein Vaterland, das, feige, dumm, / Die Ferse dem Despoten küsst, / Und seinem Wink gehorchet stumm.“ Die Amerika-Briefe Lenaus und Heines Text „Ludwig Börne. Eine Denkschrift“ bringen Lob und Tadel für die USA zum Ausdruck (3) . Der Leseraum 1 „Ein neues Lied, ein besseres Lied, o Freunde, will ich euch dichten!“ Heinrich Heines Lyrik, „Reisebilder“ und „Deutschland. Ein Wintermärchen“ (1827–44) Vorbei mit „Blümlein“, „Sternlein“, „Sonnenschein“ „Um meine Wiege spielten die letzten Mondlichter des achtzehnten und das erste Morgenrot des neunzehn- ten Jahrhunderts“ , so beschreibt Heine seine Geburt. Doch Heine sah nicht nur eine idyllische Zeit zu Ende gehen, sondern auch eine neue Zeit kommen: Die höchste Blüte des deutschen Geistes: Philosophie und Lied! Die Zeit ist vorbei, es gehörte dazu die idyllische Ruhe. Deutschland ist fortgerissen in die Bewegung […]. Der Dampfwagen der Eisenbahn gibt uns eine zittrige Gemütserschütterung, wobei kein Lied aufgehen kann; der Kohlendampf ver- scheucht die Sangesvögel und der Gasbeleuchtungs gestank verdirbt die duftige Mondnacht. Romantische Lieder geben kein wahres Bild der Welt mehr. Heines Gedichte zerstören die Sehnsüchte nach Idylle. Sehr oft geschieht das, wie im folgenden Ge dicht, in einer ironischen Schlusspointe. Das Fräulein stand am Meere Und seufzte lang und bang, Es rührte sie so sehre Der Sonnenuntergang. „Mein Fräulein! sein Sie munter, Das ist ein altes Stück; Hier vorne geht sie unter Und kehrt von hinten zurück.“ Moritz Daniel Oppenheim, Porträt Heinrich Heine, Öl auf Holz, 1831, Heinrich-Heine- Institut Düsseldorf 2 4 6 8 ■■ Erläutern Sie, welche Erwartungen Heine zunächst bei den Lesern/Leserinnen erweckt und welche „romantischen“ Klischeebilder fast in der Art eines Werbefilms er einsetzt. ■■ Ohne Zweifel hätte Heine in Vers 2 und 4 auch „Meer“ und „sehr“ als Reimwörter verwenden können. Beschreiben Sie, welchen Eindruck jedoch „Meere“ und vor allem „sehre“ verstärken. ■■ Stellen Sie fest, mit welchen Versen der Autor ironisch Sentimentalität und Idylle zerstört. Aufgabe 2 4 6 8 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus - Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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