Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
208 Biedermeier/Vormärz (1820–1848) ■■ Analysieren Sie, welcher Satz direkt auf Hebbels Angriff Bezug nimmt. ■■ Erläutern Sie mögliche Gründe, weshalb Stifter seinen Kontrahenten nicht beim Namen nennt. ■■ Bestimmen Sie, an welcher Stelle der Autor die Brücke von der Natur zum menschlichen Verhalten schlägt, und erläutern Sie, welches menschliche Verhalten dem „feuerspeienden Berg“ und „Erdbeben“ entspricht, welches Verhalten dem „Wehen der Luft“ und dem „Rieseln des Wassers“. ■■ Geben Sie in eigenen Worten das „sanfte Gesetz“ wieder, das die Menschen leiten soll. Das beschädigte Leben Die idealistischen Forderungen aus der Vorrede zu den „Bunten Steinen“ kann Stifter selbst nicht realisie ren. Als er zwölf Jahre alt ist, stirbt sein Vater, ein Lein wandhändler, erschlagen von seinem Fuhrwerk. Stifter maturiert zwar im Stiftsgymnasium Kremsmünster mit Auszeichnung, schließt jedoch sein Studium nicht ab. Versuche, sich in der „besseren“ Gesellschaft zu be haupten, scheitern. Bis in sein fünfundvierzigstes Le bensjahr, in dem er zum Schulrat für Oberösterreich ernannt wird, bleibt seine wirtschaftliche Situation prekär. Der Dienst als Hauslehrer während der Studi enjahre in Wien beeinträchtigt sein Selbstwertgefühl. Die Revolution verursacht ihm Unbehagen und Furcht. Dazu häuft sich persönliches Unglück an: eine von ihm ungeschickt angegangene Jugendliebe, die er sein Le ben lang nicht vergisst, eine langjährige, eher quälen de Ehe mit einer fast analphabetischen Frau, unerfüll ter Kinderwunsch, früher Tod der ersten Ziehtochter und Selbstmord der zweiten mit achtzehn Jahren. Stif ters Leben endet 1868 im Selbstmord. Versuche, das Leben zu bewältigen Als Stifter die Nachricht vom Tode des Vaters be kommt, verweigert er beharrlich die Nahrungsaufnah me. Der spätere Stifter leidet unter unüberwindlichem Esszwang, seine Mahlzeiten sind von unglaublicher Reichhaltigkeit. Der Wissenschafter W. G. Sebald gibt einen Einblick: Aus seiner Korrespondenz lässt sich entnehmen, dass er zur Vorspeise allein häufig dutzendweise Krebse oder sechs und mehr Forellen zu sich nahm. Und das Register dessen, was er sich noch in einer Zeit, in der er sich häufig schon am Rand des Grabes wähnt, systematisch einverleibt, ist tatsächlich schauerlich: „Rindfleisch, geback. Kitzl, gebrat. Huhn, Haselhuhn, Taube, Kalbsbraten, Schinken, saure Leber, Schweinsbraten, Sardinen, Paprika-Huhn, geback. Lämmernes und Rebhuhn, viel Rindfleisch (hartes) gegessen, Nudelsuppe, etwas Rindfleisch u. Schöp- sernes, dann Reisauflauf, Hirn mit sauren Rüben, eingemachtes Kälbernes, Schnitzel mit Sardellensoß, Jause Tee mit Haselhuhn, Jause Tee Huhn (reichlich), Jause Tee mit Schinken, Jause mit viel Huhn, pappige Kräutersuppe mit Ei“ usw. […] Berücksichtigt man, dass die „unteren“ sozialen Schichten im 19. Jahrhundert ärmlich und vor allem fleischlos aßen, so liegt laut Stifterforschung die Ver mutung nahe, „dass die kontinuierliche Einverleibung gewaltiger Mengen tierischer Nahrungsmittel für Stif- ter, (auch) ein Mittel zur Aufnahme in der besseren Ge- sellschaft gewesen ist“ . Stifters Figuren hingegen es sen alle bescheiden: „ein Stück schwarzen Brotes“ oder „warme Milch“ oder höchstens einmal ein „Butterbrot“ . Dieses bescheidene Essen ordnet und prägt den Ta ges- und Jahresablauf der Figuren, in die der Autor das Maßhalten projiziert, an dem er selbst scheitert. Fassen Sie Stifters Lebensumstände zusammen und setzen Sie diese in Beziehung zu seinem Schreiben. Stifters hintergründiges Schreiben Im Gegensatz zur Vorrede aus den „Bunten Steinen“ dringt Gewaltsames und Katastrophenhaftes häufig in die Erzählungen der Sammlung ein. „Katzensilber“ be richtet von der Unmöglichkeit, ein Kind in die Gesell schaft zu integrieren und sein Leben zu sichern. „Tur malin“ erzählt von Ehebruch und dem Versagen der Erwachsenen, die ihre Kinder aus Egoismus ins Un glück treiben. Auch die Themen der anderen Erzählun gen sind keineswegs idyllisch: Es geht um Pest („Gra nit“), Überschwemmungen („Kalkstein“), Feuergefahr Aufgabe 2 4 6 8 10 12 14 16 Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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