Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
204 Biedermeier/Vormärz (1820–1848) Bestimmen Sie, welche politischen Ereignisse Thema des Liedes sind, und fassen Sie Ultras Kritik und Forderungen zusammen. …und ein schnelles Ende In „Freiheit in Krähwinkel“ siegt die Revolution, in der Realität scheitert sie. Schon im Oktober 1848 war in Wien die Zeit der „Freiheit“ vorbei, die Zeit der „Freihei- ten“ wieder angebrochen. Das Militär hatte die Stadt unter Kontrolle. Das Stück wurde am 4. Oktober zum letzten Mal gespielt. Die Reaktion hatte gesiegt, Wien huldigte dem 18-jährigen Kaiser Franz Joseph, Nestroy hatte das vorausgeahnt. Am Ende des ersten, mit „Re volution“ betitelten Aktes des Dramas, beurteilt ein Vertreter des Absolutismus die revoltierenden Krähwinkler: „[I]ch kenn’ die Krähwinkler, man muss sie austoben lassen, is der Raptus [= Anfall] vorbei, dann werden s’ dasig 2 , und wir fangen s’ mit der Hand; da woll’n wir’s hernach recht zwicken das Volk.“ 3 „Was ist der Erde Glück? – Ein Schatten!“ Franz Grillparzer: „Medea“ (1821) Grillparzers Weg zu „Medea“ Als am 12.10.1955 das im Krieg zerstörte Burgtheater neu eröffnet wurde, geschah dies mit Grillparzers „König Ottokars Glück und Ende“ (1825). Rudolf, der erste Habs burgerkaiser des Deutschen Reiches, triumphiert über den Machtmenschen Ottokar von Böhmen. Dieses heute manchmal als „offizielles“ Österreich-Stück interpretier te Drama – es endet mit dem Ausruf „Heil! Heil! Hoch Österreich!“ – steht in der Mitte von Grillparzers Schaf fen. Auch in „Ein Bruderzwist in Habsburg“ (1848) be fasst sich der Autor mit einem Österreich-Stoff. Begon nen hatte Grillparzer mit dem Erfolgsdrama „Die Ahn frau“ (1817), einer Schillers „Räubern“ nachempfundenen Tragödie mit Vatermord und Schwesternselbstmord. Eine Umkehr bedeutete Grillparzers nächstes Drama „Sappho“ (1818). Grillparzer hatte sich nach Griechen land gewendet. Die griechische Mythologie inspirierte ihn auch zur Trilogie „Das goldene Vließ“. Die Trilogie be steht aus den Teilen „Der Gastfreund“, „Die Argonauten“ und „Medea“. Grillparzer teilt die Begeisterung der Klas sik für die Antike. Ihr idealistisches Griechenlandbild und ihre Hoffnung, das Humanitätsideal der Antike ließe sich in seine Epoche übertragen, teilt er aber nicht. Der Mythos von Medea Als Enkelin des Sonnengottes Helios, Zauberin und Priesterin lebt Medea in Kolchis, im heutigen Kauka sus. Der Grieche Jason, Anführer der nach ihrem Schiff Argo genannten Argonauten, kommt nach Kolchis. Er will das Goldene Vlies rauben, ein Widderfell, Symbol für die Sucht des Menschen nach Macht, Ruhm, Gold. Medea schützt ihn aus Liebe vor Feuer und Waffen, verzaubert den Drachen, der das Vlies bewacht, flieht nach dem Raub des Fells mit Jason, hält ihren Vater Aietes bei der Verfolgung auf, indem sie ihren Bruder zerstückelt und die Teile dem Vater einzeln vor die Füße wirft. Aietes tötet sich. Medea findet mit Jason Aufnahme im griechischen Korinth bei König Kreon und seiner Tochter Kreusa. Medea, die ausgelieferte und gedemütigte Frau Euripides war der Erste, der den Mythos zum Drama umformte. In Rom folgte Seneca mit einer Medea-Tra gödie, in der französischen Klassik Pierre Corneille. Bis heute fasziniert der Stoff die Literatur. In einem sind sich nahezu alle Gestalter einig: Medeas Situation in Korinth ist katastrophal. So ist es auch bei Grillparzer. Medea hat für Jason alles aufgegeben: Heimat, Eltern, Bruder. Von den griechischen Korinthern wird sie als Barbarin verachtet, trotz all ihrer Bemühungen, sich zu integrieren und die „Leier“ statt den „Wurfspieß“ zu führen. Medea ist den Leuten unheimlich: Ein Gräuel ist die Kolcherin dem Volke, Ein Schrecken die Vertraute dunkler Mächte, Wo du dich zeigst, weicht alles scheu zurück Und flucht dir. Vor allem der Korintherkönig Kreon möchte Medea ver bannen. Den beiden Söhnen Jasons und Medeas und Ja Aufgabe 2 kleinlaut 2 4 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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