Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

195 Schlüsselloch ein. Faust will sie abwehren, doch sie ist stärker: Die Sorge: Wen ich einmal mir besitze, Dem ist alle Welt nichts nütze; Und er weiß von allen Schätzen Sich nicht in Besitz zu setzen. […] Er verhungert in der Fülle […]. Faust sucht die Sorge zu verdrängen. Er hält es nicht für nötig, die mit seinen Projekten verbundenen Ge­ fahren zu bedenken, sondern rechnet mit einer ökono­ misch und technisch abgesicherten Zukunft. Doch die Sorge ist unverdrängbar und lässt Faust erblinden: Die Sorge: Erfahre […], wie ich geschwind Mich mit Verwünschung von dir wende! Die Menschen sind im ganzen Leben blind, Nun, Fauste, werde du’s am Ende! Der blinde Faust gibt den Arbeitern den letzten Be­ fehl, die Eindeichung zu vollenden. Er hört das Geklirr der Schaufeln, erkennt aber nicht, dass es nicht mehr um Trockenlegung geht, sondern dass sein Grab aus­ gehoben wird. Geblendet von der Vision ewigen Fort­ schritts kann er die Wirklichkeit nicht mehr wahrneh­ men. Stolz auf sein Unternehmen, glaubt Faust die Sterblichkeit des Menschen überwunden zu haben: Es kann die Spur von meinen Erdentagen Nicht in Äonen untergehn. – Im Vorgefühl von solchem hohen Glück Genieß’ ich jetzt den höchsten Augenblick. Doch in dem Moment, in dem Faust meint, durch sei­ ne Taten die Zeit festhalten und unsterblich werden zu können, verliert er die Zeit und das Leben. Goethe lässt Faust in dem Augenblick sterben, als sein wirt­ schaftliches Unternehmen gelingt. Macht man alles ohne Rücksicht zu Geld und zur Ware, zerstört man sich und das Leben. Fassen Sie zusammen, auf welche Weise „Papier“„Wert“ erhält, welche „Tücken“ Papier­ geld birgt, wie der (gescheite) Hofnarr ihnen zu entkommen sucht und welche Konsequenzen Fausts rein ökonomisches Verhalten hat. 2 4 2 4 2 4 X. Steifensand, Laboratorium/Wagner erschafft den Homuncu- lus, Stahlstich, 1838, Bibliothèque Nationale Paris Aufgabe Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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