Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

186 Romantik (1795–1835) Sinn für weibliche Tugenden, für Weiberglückseligkeit. Nur das Wilde, Große, Glänzende gefällt mir.“ Das Leben sieht sie als von Berechnung und Nützlichkeitskeits­ denken beherrscht, das Wunderbare ist aus der Welt vertrieben: Der Himmel ist gestürzt, der Abgrund ausgefüllt, Und mit Vernunft bedeckt, und sehr bequem zum Gehen. [...] Und auf der flachen Erde schreitet der Verstand, Und misset alles aus, nach Klafter und nach Schuhen 1 . Das bekannteste Gedicht Karoline von Günderrodes in Originalschreibung Die eine Klage Wer die tiefste aller Wunden Hat in Geist und Sinn empfunden Bittrer Trennung Schmerz; Wer geliebt was er verlohren, Lassen muß was er erkohren, Das geliebte Herz, Der versteht in Lust die Thränen Und der Liebe ewig Sehnen Eins in Zwei zu sein, Eins im Andern sich zu finden, Daß der Zweiheit Gränzen schwinden Und des Daseins Pein. Wer so ganz in Herz und Sinnen Konnt’ ein Wesen liebgewinnen O! den tröstet’s nicht Daß für Freuden, die verlohren, Neue werden neu gebohren: Jene sind’s doch nicht. Das geliebte, süße Leben, Dieses Nehmen und dies Geben, Wort und Sinn und Blick, Dieses Suchen und dies Finden, Dieses Denken und Empfinden Giebt kein Gott zurück. ■■ Beschreiben Sie die Form des Gedichtes und geben Sie den Inhalt der einzelnen Strophen wieder. ■■ Untersuchen Sie, was die Günderrode als für die Liebe charakteristische Faktoren ansieht. Grenzenlos „Der Runenberg“ und die Entfremdung der Menschen „Christian im Glück“ Alles fügt sich zunächst bestens für Christian in dem Märchen „Der Runenberg“ von Ludwig Tieck (1804). Er ist von zu Hause fortgezogen, um sein Glück zu ma­ chen, kommt in eine idyllische Gebirgsgegend. Dort reißt er eine Wurzel aus der Erde, die Erde stöhnt wie verletzt auf. Christian versinkt in eine Welt zwischen Traum und Realität, meint im Berginneren die wun­ derschöne, von Juwelen umgebene Bergkönigin zu se­ hen. Am nächsten Morgen steigt er in ein unbekann­ tes Dorf hinunter. Er heiratet die blonde Elisabeth, gründet eine Familie, findet seinen Vater wieder, be­ stellt die Äcker, das Vieh gedeiht. Die Gier nach Geld entfremdet Da kommt ein Fremder, gibt der Familie eine große Summe an Goldstücken zur Aufbewahrung, reist wie­ der ab. Christian wünscht, der Fremde möge nicht mehr wiederkommen, dann würde ihm das Geld gehö­ ren. Der Vater warnt. Doch es ist zu spät. Christian ver­ steht sich selbst nicht mehr, auch die anderen verste­ hen ihn nicht, er verliert das Menschliche. Er wird sich selbst fremd, den anderen fremd, sein Herz ist „er­ starrt“, seine Wahrnehmung verwirrt: Oft stand Christian in der Nacht auf, um die Knechte zur Arbeit zu wecken und selbst nach 2 4 1 Klafter, Schuh: alte Längenmaße; etwa 1,7 bzw. zwischen 0,25 und 0,34 m 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Aufgabe 2 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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