Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

17 Frühmittelalter (770–910 und 1060–1170) […] „Ich bin ein edler Degen 1 aus Krichenlanden stolz, Mein Mutter die heißt Fraw Utte, ein gewaltige Herzogin, Es ist der Hiltebrant der alte, der liebste Vater mein.“ „Heißt dein Muter Frau Utte, ein gewaltige Herzogin, So bin ich Hiltebrant der alte, der liebste Vater dein.“ Er schloss ihm auf sein gulden Helm und kusst ihn an seinen Mund: „Nun müss es Gott gelobet sein, wir seind noch beid gesund.“ […] 1 Held 2 4 6 Das Ende des hier in sprachlich leicht angepasster Fassung zitierten Liedes ist idyllisch. Hadubrands Mut­ ter – Hildebrands Frau – tischt beiden reichlich Essen und Trinken auf. Der Mörder-Sohn Bis ins 20. Jahrhundert wurde so wie im „Hildebrands­ lied“ meist der Sohn als Verursacher und auch Opfer des Vater-Sohn-Konflikts dargestellt. In der Moderne verschiebt sich die Parteinahme der Literatur jedoch zuungunsten des Vaters. Ein besonderes Thema wird die Vater-Sohn-Auseinandersetzung im Expressionis­ mus (ca. 1910–25). Im Drama „Der Sohn“ von Walter Ha­ senclever richtet der Sohn die Pistole auf den ihn de­ mütigenden Vater. Der Vater bricht jedoch, vom Schlag getroffen, zusammen, bevor der Schuss losgeht. Im Drama „Der Bettler“ von Reinhard J. Sorge vergiftet der Sohn den mit einer Kindertrommel irrsinnig durchs Haus rennenden Vater. Martin Pollack: „Anklage Vatermord“ Eine moderne Darstellung des Themas in der deutsch­ sprachigen Literatur ist das 2002 erschienene Buch „Anklage Vatermord“. Es beruht auf einer Zeitungs­ notiz über die Bestattung eines menschlichen Kopfes, der mehr als sechzig Jahre lang in der Innsbrucker Ge­ richtsmedizin als Beweismittel aufbewahrt worden war. Der Kopf gehört zum Leichnam des jüdischen Arz­ tes Morduch Max Halsmann aus Riga, der während einer Wanderung im Zillertal im Sommer 1928 auf bis heute nicht geklärte Weise ums Leben kommt. Unmit­ telbar darauf wird dessen 22-jähriger Sohn Philipp als mutmaßlicher Täter festgenommen. Alle Indizien spre­ chen zunächst gegen ihn, und vor allem eine deutliche antisemitische Stimmung wird laut. Sie wird umso lau­ ter, je unsicherer die Beweislage ist ... Lesen und präsentieren Sie Pollacks Buch! Aufgabe Auf den Punkt gebracht: Die Literatur des Frühmittelalters ■■ Drei Elemente bestimmen die Literatur der Epoche: – Das germanische Element, von Karl dem Großen (786 – 814) bewusst eingesetzt, um eine gemeinsame Identität in seinem Reich zu stiften. Karls Nachfolger lässt jedoch die Sammlungen germanischer Heldenlieder verbrennen. Einziges literarisches Zeugnis: das Hildebrandslied (770/790). – Das christliche Element: Literatur steht im Dienst der Vermittlung christlicher Ideen. Die Begriffe aus dem Lateinischen müssen für das Deutsche erarbeitet werden. So entstehen Glossensammlungen wie der „Abrogans“ und der „Wessobrunner Weltschöpfungsmythos“. Der Endreim verdrängt den als „heidnisch“ angesehenen Stabreim. – Das „heidnische“ Element: Die „Merseburger Zaubersprüche“ und der „Lorscher Bienense­ gen“ sind Reste alter germanischer Beschwö­ rungstexte. Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus - Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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