Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

150 „Weimarer Klassik“ (1786/1794–1805)/„Geist der Goethezeit“ (bis 1832) Killalusimeno, Salvator Rosa , die Besucher begrüßt er als „Majestät“ oder „Ew. Heiligkeit“ . Wenn man ihn mit „Herr Magister“ anspricht, wird er abweisend und ent­ gegnet: „Ich bin kein Magister, ich bin fürstlicher Biblio- thekarius.“ Spricht man von Susette Gontard, so erwi­ dert er: „Ach, meine Diotima: reden Sie mir nicht von meiner Diotima; dreizehn Söhne hat sie mir geboren: der eine ist Papst, der andere ist Sultan, der dritte Kai- ser von Russland.“ Folgt man der nicht unumstrittenen Theorie des Hölderlinforschers Pierre Bertaux, so hat Hölderlin diesen Rückzug freiwillig und bewusst ange­ treten und seinen „Wahnzustand“ als Schutz vor der Außenwelt verstanden. 48 Gedichte schreibt der Dich­ ter von 1806 bis zu seinem Tod 1843. 23 davon unter­ zeichnet er als Scardanelli und fügt ihnen fiktive Jah­ reszahlen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert hinzu. Bestimmen Sie die Themen der folgenden späten Gedichte, die früher als „Gedichte der Umnachtung“ bezeichnet wurden. Aussicht Der offne Tag ist Menschen hell mit Bildern, Wenn sich das Grün aus ebner Ferne zeiget, Noch eh’ des Abends Licht zur Dämmerung sich neiget, Und Schimmer sanft den Klang des Tages mildern. Oft scheint die Innerheit der Welt umwölkt, verschlossen, Des Menschen Sinn von Zweifeln voll, verdrossen, Die prächtige Natur erheitert seine Tage Und ferne steht des Zweifels dunkle Frage. Mit Untertänigkeit Den 24. März 1671 Scardanelli. Das Angenehme dieser Welt … Das Angenehme dieser Welt hab’ ich genossen, Die Jugendstunden sind, wie lang! wie lang! verflossen, April und Mai und Julius sind ferne, Ich bin nichts mehr, ich lebe nicht mehr gerne! An Zimmern Die Linien des Lebens sind verschieden Wie Wege sind, und wie der Berge Grenzen. Was hier wir sind, kann dort ein Gott ergänzen Mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden. 6 „Wir dünken uns frei, und der Zufall führt uns allgewaltig an tausend feingesponnenen Fäden fort.“ Heinrich von Kleist: „Das Erdbeben in Chili“ (1807) Später Ruhm, schwierige Einordnung Als Franz Kafka Kleists Erzählung „Michael Kohlhaas“ zu lesen beginnt, notiert er: „Den Anfang von ‚Michael Kohlhaas‘ gelesen […] Wild und schlecht und unvor- sichtig […] gelesen. Und am Nachmittag zitterte ich schon vor Begierde zu lesen, konnte kaum den Mund geschlossen halten.“ Thomas Mann charakterisiert Kleist als einen der „größten, kühnsten […] Dichter deutscher Sprache, […] überhaupt sondergleichen, auch als Prosaist, als Erzähler, – völlig einmalig, aus al- ler […] Ordnung fallend, radikal […]“. Eugène Ionesco, Begründer des absurden Theaters: „Ich glaube nicht, dass mir nach Shakespeare und Kleist noch irgendeine Lektüre von Theaterstücken gefallen hat.“ Doch die Literaturwissenschaft tut sich mit Kleists Ein­ ordnung auch heute noch schwer: „ Seit je haben die Literarhistoriker ihre Sorgen mit diesem Dichter, der sich so wenig ihren Kategorien und Methoden einfügen lässt“, so einer der besten Kleist-Kenner und Herausge­ ber seiner Werke. Aufgabe 2 4 6 8 10 12 2 4 2 4 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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