Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

143 „Weimarer Klassik“ (1786/1794–1805)/„Geist der Goethezeit“ (bis 1832) Treten Sie eine Zitatenreise zu Schiller an! „Es ist bei Schillern jedes Wort praktisch, und man kann ihn im Leben überall anwenden.“ So beschreibt Goethe die Sprache Schillers, des meistzitierten deutschen Autors. Dass mit der „Dummheit selbst die Götter vergebens kämpfen“ , dass der „kluge Mann vorbauen soll“ oder „Raum ist in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar“ , ist weithin bekannt. Aber dem Sprach- schöpfer Schiller verdankt die Sprache auch plastische Ausdrücke wie „Donner und Doria, Kirchhofsruhe, leben und leben lassen, das ewig Gestrige, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, Bretter, die die Welt bedeuten, was da kreucht und fleucht …“ . Blättern Sie in einem Lexikon für Zitate und „Geflügelte Worte“ oder in dem Band „Schiller für Zeitgenossen“ (2004) Schiller-Zitate nach und beginnen Sie so Ihre Reise zu Schiller von den Zitaten zur Lektüre seiner Balladen, Dramen, Schriften. Aktion pur In diese Frist von drei Tagen packt Schiller eine gera­ dezu filmreife Aktionsdichte. Die Heirat der Schwester ist geregelt, die Rückreise kann beginnen. Doch Sint­ flutregen, Überschwemmung, Brückeneinsturz, Raub­ überfall, Sonnenglut und Durstdelirien stellen sich Da­ mon entgegen. Aber er gibt nicht auf, der Gedanke an den Freund treibt ihn an. Der dritte Tag ist da. Hier die letzten drei von insgesamt 20 Strophen: Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor Und sieht das Kreuz schon erhöhet, Das die Menge gaffend umstehet, An dem Seile schon zieht man den Freund empor, Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor: „Mich, Henker!“, ruft er, „erwürget! Da bin ich, für den er gebürget!“ Und Erstaunen ergreifet das Volk umher, In den Armen liegen sich beide Und weinen vor Schmerzen und Freude. Da sieht man kein Auge tränenleer, Und zum Könige bringt man die Wundermär, Der fühlt ein menschliches Rühren, Lässt schnell vor den Thron sie führen. Und blicket sie lange verwundert an. Drauf spricht er: „Es ist euch gelungen, Ihr habt das Herz mir bezwungen, Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn, So nehmet auch mich zum Genossen an, Ich sei, gewährt mir die Bitte, In eurem Bunde der Dritte.“ Freude an der friedlichen Wende Das Thema der politischen Wende mit friedlichen Mit­ teln, ohne Revolution, ohne Mord, mit idealisierten Personen, traf, fünf Jahre nach der Enthauptung des französischen Königs Ludwig XVI., den Geschmack des Publikums. Die Ballade wurde mit Begeisterung auf­ genommen. ■■ Vielleicht haben Sie die Ballade schon gekannt oder sogar auswendig lernen müssen. Erläutern Sie, welches Problem entstehen kann, wenn literarische Werke als Gedächtnistraining dienen sollen. ■■ In der antiken Gestaltung des Stoffes lehnen Damon und sein Freund die Aufnahme des Tyrannen in ihren Freundschaftsbund ab. Schiller lässt seine Bitte unbeantwortet. Scheint Ihnen eine positive oder eher eine negative Antwort zu Schillers Gedicht zu passen? Begründen Sie Ihre Ansicht! ■■ Lesen Sie eine der anderen klassischen Balladen Goethes und Schillers und fassen Sie deren Thematik und „klassische“ Bot­ schaft zusammen (zum Beispiel Goethe: Die Braut von Korinth, Der Schatzgräber, Der Zauberlehrling; Schiller: Der Taucher, Der Handschuh, Der Ring des Polykrates, Die Kraniche des Ibykus). Info 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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