Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

14 Frühmittelalter (770–910 und 1060–1170) 3 Was die Germanen über die Erschaffung der Welt lernen mussten Der „Wessobrunner Weltschöpfungsmythos“ (um 815) Neue Mythen Eine der Säulen des Christentums ist der Glaube an einen persönlichen Gott als den Schöpfer des Univer­ sums. Schöpfungsmythen gibt es jedoch weltweit, sie werden von den Völkern verschieden gestaltet und sind stark bestimmt von den kulturellen und geografi­ schen Gegebenheiten, unter denen die Menschen le­ ben. So hatten auch die Germanen ihre eigenen Schöpfungsmythen. Natürlich sollte im Zuge der Missi­ onierung der neue christliche Mythos die heid­ nisch-germanischen Mythen ersetzen. Einer dieser Versuche ist fragmentarisch erhalten geblieben, der „Wessobrunner Weltschöpfungsmythos“, aufgeschrie­ ben um 815. Er ist hier in Althochdeutsch und in einer neuhochdeutschen Übersetzung abgedruckt. Der „Wessobrunner Weltschöpfungsmythos“ Dat gafregin ih mit firahim firiuuizzo meista, dat ero ni uuas noh ûfhimil, noh paum ... noh pereg ni uuas, ni ... nohheinig noh sunna ni scein, no mâno ni liuhta, noh der mâreo sêo. Dô dâr niuuiht ni uuas enteo ni uuenteo, enti dô uuas der eino almahtîco cot, manno miltisto, enti dâr uuârun auh manake mit inan cootlîhhe geistâ. enti cot heilac […] Das erfragte ich unter den Menschen als der Wunder größtes, dass Erde nicht war, noch oben der Himmel, nicht Baum ... noch Berg war, noch ... irgendetwas, noch die Sonne schien, noch der Mond leuchtete, noch das herrliche Meer. Als da nichts war da und dort, da war der eine allmächtige Gott, das gütigste Wesen und da waren mit ihm auch viele herrliche Geister. Und Gott der heilige […] 2 4 6 8 10 2 4 6 8 10 So werden die Texte gesprochen: Doppelvokale und Zirkumflex ˆ zeigen an, dass der Vokal lang gesprochen wird, æ ist langes „e“, ie unser Zwielaut „ia“ wie mundartlich „nie“; uo unser „uo“ wie in mundartlich „Kuh“. Silben mit unbezeichneten Vokalen werden sehr kurz ausgesprochen; c und q werden als „k“ gesprochen, v und uu wie „w“, hh ist „ch“; z zwischen Vokalen oder am Wortende nach einem Vokal ist „s“, sonst „z“, cz wird als „z“ artikuliert; zz kann für „z“ und „s“ stehen, wird aber in der Aussprache als „s“ meist zz geschrieben. Getrennt gesprochen werden die Konsonanten in Verbindungen wie „sp“, „st“ – also nicht wie heute Speck oder Stiege. Um den Rhythmus zu wahren, wird ein Vokal am Wortende meist nicht gesprochen, wenn das folgende Wort mit Vokal beginnt. Info Benennen Sie den Inhalt der deutlich unterschiedenen Textteile von Zeile 1 bis 7 und Zeile 8 bis 11. Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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