Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
138 „Weimarer Klassik“ (1786/1794–1805)/„Geist der Goethezeit“ (bis 1832) Das Motto: auf nach Griechenland und Italien Schon in Humanismus und Renaissance war die Anti ke Vorbild für die Kunst und Literatur, allerdings vor allem das römische Altertum. Eine entscheidend neue Sicht brachte Johann Joachim Winckelmann (1717–68). Mit ihm als dem Begründer der klassischen Archäolo gie und seinen „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauer kunst“ (1755) begann die gleichberechtigte Betrach tung der griechischen Antike. Ihr Merkmal sei „edle Einfalt“ und „stille Größe“ , die sich vor allem in der Hal tung den Leidenschaften und dem Leiden gegenüber zeigt. Als Beispiel nimmt Winckelmann die griechische Laokoon-Gruppe, die im Gegensatz zu römischen Wer ken nicht schrecklich schreie, sondern trotz höchsten Schmerzes gefasst sei. Goethes Satz „Jeder sei auf sei- ne Art ein Grieche! Aber er sei’s“ aus seiner Schrift „An tik und Modern“ kann als Motto der Klassik dienen. Nicht zur Nachahmung, sondern als Ansporn müsse man die griechische Kunst nehmen. Die Wiederentdeckung von Pompeji Allerdings wurde in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts auch das Interesse an Italien neu geweckt. Die Ausgra bungen in Herculaneum und Pompeji ab 1737 und 1748 zogen Interessierte aus ganz Europa an. Träume von einem Leben unter angenehmen klimatischen Bedin gungen und das Landleben verherrlichende Romane verstärkten die Sehnsucht vor allem der Kunstschaf fenden nach dem Süden. Informieren Sie sich anhand eines Lexikons oder einer Lektüre von Vergils „Aeneis“ (2. Buch) über das Schicksal Laokoons und seiner Söhne. Das hohe Ziel der Literatur Kunst und Literatur haben, wie Schiller in seinemWerk „Über die ästhetische Erziehung des Menschen in ei ner Reihe von Briefen“ (1793) schreibt, zum Ziel, „das Ganze unserer sinnlichen und geistigen Kräfte in mög- lichster Harmonie auszubilden“ und den Menschen von der „Tierheit“ zur „Menschheit“ zu führen. Möglich ist das, weil der Mensch nach Schönheit sucht. Aus die sem ästhetischen Gefühl entsteht mit Hilfe der Kunst der „moralische“ Mensch, der das Humanitätsideal der Klassik verwirklicht und das „Gute, Wahre und Schöne“ anstrebt. In der „Schönen Seele“ verbinden sich Gefühl und Vernunft, Pflicht und Neigung. Humanität ist nichts Automatisches Dass Humanität etwas ist, was vom Menschen erst erworben und mit ständigem Bemühen erhalten wer den muss, wird von Herder in seinen „Briefen zur Beförderung der Humanität“ (1793–97) deutlich for muliert: Humanität ist der Charakter unsres Geschlechts; er ist uns aber nur in Anlagen angeboren und muss uns eigentlich angebildet werden. Wir bringen ihn nicht fertig auf die Welt mit; auf der Welt aber soll er das Ziel unsres Bestrebens, die Summe unsrer Übungen, unser Wert sein […]. Humanität ist der Schatz und die Ausbeute aller menschlichen Bemühungen […]. Die Bildung zu ihr ist ein Werk, das unablässig fortgesetzt werden muss, oder wir sinken zur rohen Tierheit, zur Brutalität zurück. Goethes Drama „Iphigenie auf Tauris“ (1) , Schillers „Don Carlos“ und seine Ballade „Die Bürgschaft“ (2) zeigen beispielhaft das humane Anliegen der Klassik. Mit „Wilhelm Tell“ (3) , seinem letzten Drama, be Laokoon-Gruppe, 1. Jh. v. Chr., Vatikanische Museen, Foto, 2011 Aufgabe 2 4 6 8 10 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus - Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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