Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

137 „Weimarer Klassik“ (1786/1794–1805)/„Geist der Goethezeit“ (bis 1832) Grenzen der Menschheit […] Denn mit Göttern Soll sich nicht messen Irgendein Mensch Hebt er sich aufwärts Und berührt Mit dem Scheitel die Sterne, Nirgends haften dann Die unsichern Sohlen, Und mit ihm spielen Wolken und Winde. […] Schillers Abkehr vom „Sturm und Drang“ So sehr waren die Vertreter der Französischen Revolu­ tion von Schillers „Räubern“ beeindruckt, dass sie den Bürger Schiller – „Citoyen Gillé“ – zum Ehrenbürger der Revolution und Frankreichs ernannten. Sie bewunder­ ten den mit Ekel an den politischen Zuständen erfüll­ ten Rebellen Karl Moor, der nach „Taten, […] nach Frei- heit!“ dürstet. Zehn Jahre nach den „Räubern“ will Schiller von Rebellion, Umsturz nichts mehr wissen. Schiller ist abgestoßen von der Ausuferung der Ge­ walt der Französischen Revolution, dem Wüten der „wilden Tiere“ . Doch nicht die Franzosen als Nation sind Zielscheibe seiner Kritik; „rohe gesetzlose Triebe […], die sich […] entfesseln und mit unlenksamer Wut zu ihrer tierischen Befriedigung eilen“ , gehören zum Wesen des Menschen und müssen durch Bildung ge­ zähmt werden. Während Schiller zumindest anfänglich der Revolution nicht negativ gegenübergestanden war, hatte Goethe einen revolutionären Umsturz stets abgelehnt. Ge­ waltsame Veränderungen entsprachen seiner Mei­ nung nach nicht den Gesetzen der Natur, die für ihn auf Evolution, nicht auf Revolution beruht. Doch auch Goethe erkannte, dass „die revolutionären Aufstände der unteren Klassen eine Folge der Ungerechtigkeiten der Großen sind. […] Revolutionen sind ganz unmög- lich, sobald die Regierungen fortwährend gerecht […] sind, so dass sie ihnen durch zeitgemäße Verbesserun- gen entgegenkommen.“ Der Einfluss Kants auf Schiller Deutlich zeigt sich in dieser Wandlung Schillers der Einfluss der Philosophie Kants, den Schiller in diesen Jahren studierte. Das höchste Gesetz des Menschen ist das Sittengesetz, das bei Kant in der Form des „Kate­ gorischen Imperativs“ lautet: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als auch in der Per- son eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel gebrauchst.“ 2 4 6 8 10 Goethe-und-Schiller-Denkmal vor dem Deutschen Nationaltheater in Weimar, Foto, 2016 Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus - Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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