Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]
121 Sturm und Drang (1770–1785/90) 5 Ekstatische Sprache und fürstlicher Menschenhandel Friedrich Schiller: „Die Räuber“ (1781) und „Kabale und Liebe“ (1784) „Die Räuber“ sind gefährlich Schiller möchte Theologie studieren, doch sein Lan desfürst, Herzog Carl Eugen, presst ihn in die Karls schule, eine der berüchtigsten Militärschulen des Lan des Württemberg. Schiller allerdings hat einen fähigen Lehrer. Jakob Friedrich Abel lehrt dort Philosophie und konfrontiert Schiller mit Aufklärung und geschichtli chem Denken. Im Geheimen schreibt Schiller dort „Die Räuber“, im Frühjahr 1781 sind sie fertig. Verleger fin det er keinen, Kritik am Staat ist auch für Buchhändler zu gefährlich. Schiller lässt das Werk selbst drucken, schickt es ins „Ausland“, nach Mannheim. Der Direktor des dortigen Theaters fordert gravierende Änderun gen, die Kritik an Staat und Kirche geht ihm zu weit. Schiller arbeitet um, verlegt für die Aufführung die Handlung ins Mittelalter. Zur Premiere am 13. Jänner reist Schiller heimlich nach Mannheim. Carl Eugen er fährt davon, lässt Schiller für zwei Wochen einsperren, verbietet ihm zu schreiben. Schiller bittet daraufhin den Herzog brieflich, weiter veröffentlichen zu dürfen: Durchlauchtigster Herzog, Gnädigster Herzog und Herr Friedrich Schiller, Medikus bei dem löblichen General-Feldzeugmeister vom Augéischen Grena- dierregiment bittet untertänigst um die gnädigste Erlaubnis, ferner literarische Schriften bekanntma- chen zu dörfen. Eine innere Überzeugung, dass mein Fürst und unumschränkter Herr zugleich auch mein Vater sei, gibt mir gegenwärtig die Stärke, Höchst- demselben einige untertänigste Vorstellungen zu machen, welche die Milderung des mir gnädigst zugekommenen Befehls, nichts Literarisches mehr zu schreiben oder mit Ausländern zu kommunizieren, zur Absicht haben. […] Der allgemeine Beifall, womit einige meiner Versu- che vom ganzen Deutschland aufgenommen wurden, welches ich Höchstdemselben untertänigst zu beweisen bereit bin, hat mich einigermaßen veran- lasst, stolz sein zu können, dass ich von allen bisherigen Zöglingen der großen Karls-Akademie der erste und einzige gewesen, der die Aufmerksam- keit der großen Welt angezogen und ihr wenigstens einige Achtung abgedrungen hat – eine Ehre, welche ganz auf den Urheber meiner Bildung zurückfällt! Hätte ich die literarische Freiheit zu weit getrieben, so bitte ich Euer Herzogliche Durchlaucht allerunter- tänigst, mich öffentliche Rechenschaft davon geben zu lassen, und gelobe hier feierlich, alle künftige Produkte einer scharfen Zensur zu unterwerfen. […] Der ich in allerdevotester Submission ersterbe Euer Herzoglichen Durchlaucht untertänigst treugehorsamster Fried. Schiller, Regimentsmedikus. ■■ Bestimmen Sie die Vokabel, die Unter werfung und Untertänigkeit ausdrücken. ■■ Benennen Sie die Stelle, an der Schiller Argumente für sein Schreiben vorbringt. ■■ Erläutern Sie, wozu Schiller bereit wäre, wenn er nur schreiben dürfte. Carl Eugen verweigert die Annahme des Gesuchs, wei ter schreiben zu dürfen, droht mit Verhaftung. Schiller flieht endgültig außer Landes. Die wüste Handlung der „Räuber“ und die Begeisterung des Publikums Das Publikum war von den „Räubern“ begeistert. Ein Zeuge berichtet: „Aus der ganzen Umgebung von Hei- delberg, Darmstadt, Frankfurt, Mainz, Worms, Speyer usw. waren die Leute zu Ross und Wagen herbeige- Theaterzettel zur Uraufführung der „Räuber“ in Mannheim am 13. Jänner 1782 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen fassung Literatur übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=