Literaturräume, Schulbuch [Prüfauflage]

118 Sturm und Drang (1770–1785/90) 3 Gegen alle Arten von Unterdrückung Matthias Claudius: „Der Schwarze in der Zuckerplantage“ (1773) Gottfried August Bürger: „Der Bauer an seinen durchlauchtigsten Tyrannen“ (1778) Claudius: nicht nur der Dichter des „Abendliedes“ Matthias Claudius’ Gedicht „Abendlied“ aus dem Jahr 1779 – „Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Stern- lein prangen am Himmel hell und klar“ – ist als bekann­ testes Gedicht des Autors in vielen Lyrikanthologien zu finden. Im Allgemeinen gilt der Autor als empfind­ samer und gemütlicher Dichter. Dass Claudius auch kritische politische Werke schrieb, ist von der Öffent­ lichkeit wenig wahrgenommen worden. Aber viele Aufsätze des Dichters und insbesondere sein Gedicht „Der Schwarze in der Zuckerplantage“ zeigen sein En­ gagement. Dass damals die ersten grundlegenden De­ batten über die Rechtmäßigkeit kolonialer Herrschaft und Sklaverei geführt wurden, fußt auf Reiseberich­ ten, welche die Gewalttaten der Europäer an den Ein­ geborenen darstellen. Der Schwarze in der Zuckerplantage Weit von meinem Vaterlande Muss ich hier verschmachten und vergehn; Ohne Trost, in Müh und Schande; Ohhh die weißen Männer!! klug und schön! Und ich hab den Männern ohn Erbarmen Nichts getan. Du im Himmel! hilf mir armen Schwarzen Mann! Bürger: Fürstenanklage statt Fürstenlob Als „vir illustris“ nach Art der römischen Kaiser lassen sich die Fürsten anreden, als die Erleuchteten und vom Licht Durchstrahlten: „Erlaucht“ und „Durch­ laucht“ sind ihre Titel. Gottfried August Bürgers Ge­ dicht möchte anhand der Taten der Fürsten beweisen, dass dies Anmaßung ist. Nicht „Licht“ kommt von den Fürsten, keine „Aufklärung“, sondern Unterdrückung. Der Bauer an seinen durchlauchtigsten Tyrannen Wer bist du, Fürst, dass ohne Scheu Zerrollen mich dein Wagenrad, Zerschlagen darf dein Ross? Wer bist du, Fürst, dass in mein Fleisch Dein Freund, dein Jagdhund, ungebläut Darf Klau’ und Rachen haun? Wer bist du, dass, durch Saat und Forst, Das Hurra deiner Jagd mich treibt, Entatmet, wie das Wild? – Die Saat, so deine Jagd zertritt, Was Ross, und Hund, und du verschlingst, Das Brot, du Fürst, ist mein. Du Fürst hast nicht, bei Egg und Pflug, Hast nicht den Erntetag durchschwitzt. Mein, mein ist Fleiß und Brot! – Ha! du wärst Obrigkeit von Gott? Gott spendet Segen aus; du raubst! Du nicht von Gott, Tyrann! ■■ Bestimmen Sie die unterschiedlichen Zielscheiben der Kritik in den beiden Texten. Erläutern Sie, auf wem die Hoffnung des „schwarzen Mannes“ beruht. ■■ Analysieren Sie, welche Willkürtaten des Fürs­ ten sich aus Bürgers Text herauslesen lassen und womit Bürger „beweist“, dass der Fürst weder „durchlaucht“ noch von Gott einge­ setzt ist. ■■ Untersuchen Sie die Vorsilben der Verben und analysieren Sie, welche Bedeutung den meisten Vorsilben gemeinsam ist. 2 4 6 8 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Aufgabe Überblick Fundament Leseraum Maturaraum Zusammen­ fassung Literatur­ übersicht Grenzenlos Fokus Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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