Bausteine Politische Bildung, Wirtschaftskunde und Ökologie, Schulbuch
16 Außenpolitik – frei und neutral Österreich begann nach 1955 aktiv in internationalen Organisationen mitzuarbeiten. Man legte dabei sehr großen Wert auf Neutralität . Besonders schwierig war die Lage, als 1956 ein Aufstand in Ungarn und 1968 eine Freiheitsbewegung in der damaligen Tschechoslowakei durch die Sowjetunion gewaltsam niedergekämpft wurden. Ein anderes außenpolitisches Problem war die Frage, wie viel Selbstständigkeit Südtirolerinnen und Südtiroler in Italien erhalten sollten. Österreich versuchte, aktiv an friedensstiftenden Aufgaben teilzunehmen oder zwischen Streitparteien zu vermitteln. Das war einer der Gründe, warum Teile der UNO (Vereinte Nationen) in Wien angesiedelt wurden. Wirtschaftlich war eine enge Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten für Österreich besonders wichtig. Der Beitritt zur EU 1995, nach einer Volksabstimmung 1994, brachte große Veränderungen für Österreich. Vom Miteinander zum Nebeneinander Ohne den Druck der Besatzungsmächte wurde die Zusammenarbeit der Großparteien SPÖ und ÖVP schwieriger. 1966 bildete die ÖVP die erste Alleinregierung der Zweiten Republik. 1971 errang die SPÖ den Wahlsieg und regierte bis 1983 allein. Nach 1970 gab es zahlreiche Reformen, zum Beispiel: Gleichberechtigung von Frauen, Gratisschulbuch und Schülerfreifahrt, Einführung des Zivildienstes, Politische Bildung in der Schule, Änderungen im Strafrecht. Seit 1983 gab es keine Alleinregierung mehr. Neu entstandene Parteien verringerten zunehmend die Bedeutung der ehemaligen Großparteien. A B Das freie und neutrale Österreich Protest und Mitbestimmung (Foto, Protest gegen einen Kraftwerksbau bei Hainburg an der Donau, 1984) Der Wunsch nach Mitbestimmung und die Kritik an den großen Parteien nahmen in den 1980er-Jahren zu. Die Unzufriedenheit der Jugend begann 1968 mit Protesten gegen ihrer Meinung nach veraltete Regeln des Zusammenlebens. „Peace and love“ wurden wichtige Ziele. Die Volksabstimmung 1978 über Zwentendorf (Inbetriebnahme des Kernkraftwerks) löste erste Veränderungen im Wahlverhalten aus. Nach den erfolgreichen Protesten in Hainburg im Jahr 1984 gewann die „Grüne Bewegung“ stark an Bedeutung. 1 Umgang mit der Vergangenheit (Foto, Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus, Wien 2013) Über die Beteiligung Österreichs am Nationalsozialismus wurde lange Zeit kaum gesprochen. Erst 1986 kam es mit der „Waldheim-Affäre“ zu einem Wendepunkt. Dem Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl, Kurt Waldheim, wurde eine Beteiligung an Kriegsverbrechen vorgeworfen. Diese konnte ihm nicht nachgewiesen werden, sein Mitwissen aber schon. Bundeskanzler Franz Vranitzky hielt schließlich 1991 eine Rede vor dem Nationalrat, in der zum ersten Mal öffentlich die Mitschuld Österreichs zugegeben wurde: „[…] wir bekennen uns zu allen Taten unserer Geschichte […] und so, wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen […]“. 2 Nur zu Prüfzwecken – Eig nt m des Verlags öbv
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