EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

Freie Reaktionsenthalpie KM-5: Substanz und Energie 85 85 Abb. 085–1: ∆G und der spontane Reakti- onsverlauf Die freie Reaktionsenthalpie ∆ G Abnahme der Enthalpie und Zunahme der Entropie begünstigen einen spontanen Reaktionsablauf . Manchmal wirken beide Größen zusammen und verstärken sich gegenseitig, in anderen Fällen ist der Endzustand davon abhängig, welcher Ein- fluss überwiegt. Die Gibbs-Helmholtz-Gleichung J. Willard Gibbs (1839 – 1903) und Hermann von Helmholtz (1821 – 1894) verknüpf- ten beide Größen zu einer neuen Größe, der freien Enthalpie ∆G. ∆ G = ∆ H – T · ∆ S T ... absolute Temperatur in K Aus dem „Streben nach dem Energieminimum“ und dem „Streben nach dem En- tropiemaximum“ ist klar, dass die beiden Größen mit einem unterschiedlichen Vor- zeichen in die Gleichung eingehen. Die freie Enthalpie ist das alleinige Maß für die Freiwilligkeit von Reaktionen. exergon und endergon Eine Reaktion verläuft bei der Temperatur T spontan, wenn die Änderung der frei- en Enthalpie kleiner als null ist. Solche Reaktionen nennt man exergon. Ist ∆ G größer als Null, spricht man von einer endergonen Reaktion. Exotherme Reaktionen mit einer Zunahme der Unordnung sind immer exergon. Endotherme Reaktionen können exergon sein, wenn der Unordnungszustand stark erhöht wird. Die Ordnung eines Systems kann vergrößert werden, wenn die Reaktion stark exotherm ist. Aus der Beziehung ∆ G = ∆ H – T · ∆ S erkennt man, dass die Entropie mit steigender Temperatur an Bedeutung gewinnt. Vereinfacht kann man sagen, dass bei tiefen Temperaturen das Streben nach Energieminimierung überwiegt, während bei hö- heren Temperaturen das Streben nach Entropieerhöhung überwiegt. Beispiel Verbrennung von Ethanol: C 2 H 5 OH (l) + 3 O 2(g) → 2 CO 2(g) + 3 H 2 O (l) ∆ H R ∅ = –1366,8 kJ ⇒ exotherme Reaktion ∆ S R ∅ = –0,138 kJ/K ⇒ Abnahme der Entropie ∆ G ∅ = –1366,8 – 298(–0,138) = –1325,7 kJ ⇒ exergone Reaktion Die Reaktion ist bei 25 °C trotz der Entropieabnahme exergon, weil sie stark exo- therm ist. Ammoniaksynthese: N 2 + 3 H 2 → 2 NH 3 ∆ H R ∅ = –92,2 kJ ∆ S R ∅ = –0,201 kJ/K Unter der Annahme, dass sich die ∆ H - und ∆ S -Werte bei höheren Temperaturen nicht allzu stark von den Standardwerten unterscheiden, soll die freie Enthalpie bei 298 K und bei 800 K verglichen werden. ∆ G ∅ 298 = –92,2 – 298 · (–0,201) = –32,3 kJ ⇒ exergon ∆ G 800 = –92,2 – 800 · (–0,201) = +68,6 kJ ⇒ endergon Bei hoher Temperatur liegt kein Bestreben zur Ammoniakbildung vor. Diese Reak- tion ist endergon. Bei hoher Temperatur überwiegt der Entropieterm. Der Wärmetod des Weltalls - The Big Freeze Bei allen bisherigen Überlegungen wurde immer ein System betrachtet, das mit der Umgebung im stetigen Energieaustausch steht (zB ein offenes Becherglas, in dem eine Reaktion stattfindet). Dadurch ist es möglich, durch Energieaufnahme einen geordneteren Zustand zu erlangen. Betrachtet man das Universum als Ge- samtes, so ist das nicht möglich. Die Gesamtenergie des Universums ist konstant; die Gesamtentropie des Universums nimmt stets zu. Auf Grund dieser Fundamen- talsätze prognostizierte Rudolf E. Clausius (1822 – 1888) im 19. Jahrhundert den „Wärmetod“ des Weltalls. Wenn die Entropie stetig zunimmt, Energieumwandlun- gen immer in die „Einbahnstraße Wärme“ führen, kommt einmal der Zeitpunkt, an dem keine Reaktionen mehr möglich sind, kein Temperaturgefälle mehr besteht und es keinerlei Möglichkeit zur Arbeitsverrichtung gibt. Dann besteht das gesam- te Universum aus einem chaotischen Meer von Wärme (eigentlich Kälte). -T • ∆S ∆G Spontane Reaktionen ∆G < 0 Keine Reaktion oder erzwungene Reaktionen ∆G > 0 ∆H ∆H ∆H ∆H ∆H ∆H -T • ∆S -T • ∆S -T • ∆S -T • ∆S -T • ∆S ∆G ∆G ∆G ∆G ∆G Abb. 085–2: Abhängigkeit von ∆G von der Temperatur ∆G 0 ∆H –T • ∆S Temperatur ∆G<0 ∆G>0 N 2 + 3 H 2 2 NH 3 Berechne die freie Reaktionsenthalpie ∆ G ∅ R für die folgenden Reaktionen und interpre- tiere das Ergebnis: 1. Erdgasspaltung von Methan mit Wasser- dampf CH 4 + H 2 O → CO + 3 H 2 2. Bildung von Hydrogenchlorid (alt: Chlor- wasserstoff) aus den Elementen H 2 (g) + Cl 2(g) → 2 HCl (g) 3. Zersetzung von Distickstoffpentoxid 2 N 2 O 5 (s) → 4 NO 2(g) + O 2(g) Üb Übungen 85.1 bis 85.3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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