EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch
KM-8: Chemische Grundlagen des Lebens Schwefelwasserstoff Schwefelwasserstoff H 2 S Schwefelwasserstoff ist ein „nach faulen Eiern“ riechendes hochgiftiges Gas. Der unangenehme Geruch dient als Warnsystem, die Geruchsschwelle für den Menschen liegt unter 0,2 ppm. Da H 2 S bei der anaeroben Zersetzung von Eiweiß entsteht (aus den schwefelhaltigen Aminosäuren Cystein und Methionin), rie- chen verdorbene Eier nach Schwefelwasserstoff. Die Gefahr, mit diesem Stoff konfrontiert zu werden ist also groß, daher das Warnsystem. Auch beim Abbau der Aminosäuren im Organismus entstehen (allerdings ungefährliche) Spuren von H 2 S und bilden so eine Komponente des Geruchs der Darmgase (Flatus). H 2 S in Technik und Natur In der Technik ist H 2 S Zwischenprodukt bei der Entschwefelung von Erdgas und Erdöl. Für die entsprechenden Anlagen gelten strenge Sicherheitsmaßnahmen, der MAK-Wert beträgt 5 ppm. In der Landwirtschaft entstehen gößere Mengen H 2 S in Güllegruben und Biogasanlagen. Hier kommt es immer wieder zu Unfäl- len. H 2 S ist auch Bestandteil und wichtige Giftkomponente von Vulkangasen. Durch teilweise Oxidation mit Luftsauerstoff kann daraus elementarer Schwe- fel entstehen, was die Schwefellagerstätten bei Vulkanen erklärt. Toxizität Obwohl der unangenehme Geruch rechtzeitig warnt, treten H 2 S-Vergiftungen immer wieder auf. Die Geruchsrezeptoren werden ab 250 ppm betäubt und ab 500 ppm tritt nach einiger Zeit Bewusstlosigkeit auf, 1000 ppm (0,1 %) führen innerhalb weniger Minuten zum Tod. Die Giftwirkung ist etwa zehnmal so stark wie bei Kohlenstoffmonoxid. Der MAK-Wert für H 2 S beträgt 5 ppm. Schwefelwasserstoff im Stoffwechsel H 2 S wirkt vor allem auf Hämoglobin und Cytochrom-C. Er reagiert dabei mit den schwefelhaltigen Aminosäuren der Enzyme und verändert deren biologische Aktivität, was zum Funktionsverlust führt. Dadurch wird auch hier die Sauer- stoffverwertung blockiert. Die Mitochondrien besitzen eine Enzymausstattung zur Oxidation des Schwefelwasserstoffs zu Sulfat (über das Zwischenprodukt Thiosulfat). Dadurch können sie sich gegen geringe H 2 S-Mengen, wie sie auch im Stoffwechsel schwefelhaltiger Aminosäuren entstehen, schützen. Die Behandlung akuter H 2 S-Vergiftungen erfolgt ähnlich wie bei Blausäure mit DMAP. Allerdings darf kein Thiosulfat verwendet werden, dieses würde den H 2 S-Abbau verzögern. Kleine Mengen Schwefelwasserstoff spielen im Stoffwechsel eine wichtige Rolle als Botenstoff. Er wird im Organismus dafür aus Cystein gebildet. Er wirkt blutgefäßerweiternd und blutdrucksenkend. Die positive Gesundheitswirkung von Knoblauch bezüglich Blutdruck und Vorbeugung von Herz-Kreislaufrisiken ist wahrscheinlich auf die schwefelhaltige Komponente des Knoblaucharomas über die Umsetzung zu H 2 S zu erklären. „Schwefelbäder“ Schwefelwasserstoffhaltige Thermalquellen werden auch als Heilbäder ge- nutzt. Hier verspricht man sich vor allem eine positive Wirkung auf die Haut, wobei genauere Mechanismen noch unklar sind. In Österreich nutzen einige Thermalkurorte wie das niederösterreichische Baden, Oberlaa in Wien, Villach in Kärnten und Bad Häring in Tirol das H 2 S-haltige Wasser. Der Schwefelwasser- stoffgehalt liegt bei den Anwendungen weit über der Geruchsschwelle, aber unter der toxische Schwelle. Auch hier zeigt sich wieder, sogar für hochtoxische Substanzen gilt: Die Dosis macht das Gift. 311 311 Abb. 311–2: Solfatara in den phlägräischen Feldern westlich von Neapel Aus Löchern treten bei T < 200 °C Was- serdampf und Schwefelwasserstoff neben anderen Gasen aus dem Boden. Das H 2 S wird an der Luft zu Schwefel oxidiert. Q Q H 2 Cyt C OX Cyt C RED Cyt C OX Cyt C RED 2 H + H 2 O O 2 Fe 2+ Fe 3+ Fe 2+ Fe 3+ Abb. 311–1: Wirkungsweise von H 2 S im Orga- nismus H 2 S wirkt im Or- ganismus wie CN – in der Atmungs- kette, blockiert aber auch die O 2 -Zufuhr Schwefel ist ein geruchloses gelbes Pul- ver und daher ist der Spruch „ da stinkts nach Schwefel ” falsch. Der unangeneh- me Geruch stammt vom Schwefelwas- serstoff, der ein farbloses Gas ist! zum „Schwefelgeruch“ Das Ei riecht streng! Ist halt nicht mehr das Jüngste! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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