EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

KM-8: Chemische Grundlagen des Lebens Medikamente gegen virale Infektionen 305 305 Heute kennt man eine Vielzahl von Antibiotika. Streptomycin, Chlorampheni- col, Aureomycin und Tetracyclin sind einige Beispiele. Die meisten Antibiotika sind von Naturstoffen abgeleitet und werden biotechnologisch durch Bakte- rien produziert. Manche werden danach chemisch verändert, es gibt aber auch vollsynthetisch hergestellte Antibiotika. Antibiotika zählen zu den weltweit am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Probleme treten mit Antibiotikaresistenzen auf. Manche Bakterien – einzelne Individuen durch Mutationen – haben die Fähigkeit, das Antibiotikum abzu- bauen und dadurch unwirksam zu machen. Ist nun eine Infektion mit einem Antibiotikum behandelt, aber nicht ganz ausgeheilt, so überleben gerade diese Bakterien. Sie sind nun mit dem entsprechenden Antibiotikum nicht mehr be- handelbar. Um das Züchten solcher resistenter Stämme zu verhindern, muss man das Antibiotikum auch nach Verschwinden der Krankheitssymptome noch einige Zeit weiter nehmen, um eine vollständige Ausheilung zu gewährleisten. Der vorbeugende Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht und die vorbeugende Einnahme von Antibiotika durch Prostituierte, um Geschlechtskrankheiten zu verhindern, fördert die Selektion resistenter Stämme. Auch in Spitälern tre- ten multiresistente Stämme auf ( Spitalskeime ), gegen die es nur mehr sehr wenige wirksame Antibiotika gibt. Solche Reserveantibiotika sollen nur in speziellen Fällen verabreicht werden. Es besteht daher die Befürchtung einer Renaissance bakterieller Infektionskrankheiten. Die WHO (Weltgesundheitsor- ganisation) hat gewarnt, dass ein verbreiteter Gonokokkenstamm (Erreger der Geschlechtskrankheit Tripper) gegen das letzte noch wirksame Antibiotikum resistent werden könnte. Therapeutika gegen virale Infektionen Gegen Viren gibt es keine so wirksame Medikamentengruppe wie es die Anti- biotika gegen Bakterien sind. Das liegt daran, dass Viren zwar Erbinformation (als RNA oder DNA) aber praktisch keinen eigenen Stoffwechsel haben, son- dern den der Wirtszelle für ihre Vermehrung benutzen. Daher ist man auf das Immunsystem des Menschen angewiesen, das Viren unwirksam macht. Dieses kann durch Impfungen auf das entsprechende Virus sensibilisiert werden. Der Impfstoff besteht meist aus der Proteinhülle des Virus oder aus charakteristi- schen Teilen davon, kann also die Krankheit nicht auslösen. Das Immunsystem wird aber durch die Impfung trainiert, Antikörper zur Inaktivierung des Virus auf Vorrat zu produzieren. Manche Viren verändern ihre Proteinhülle häufig. Gegen den veränderten Stamm müsste dann ein neues Serum verabreicht werden. Vor allem die häufigste virale Krankheit, der Schnupfen, ist daher durch Impfungen kaum beherrschbar. Echte Grippe (Influenza) ist zum Unterschied zu grippalen Infek- ten eine gefährliche virale Infektion. Zu Ende des 1. Weltkrieges kostete eine Grippewelle weltweit etwa 50 Millionen Opfer, weit mehr als im Krieg Gefal- lene. Der Stamm wurde damals als Spanische Grippe bezeichnet, da die ersten Berichte aus dem neutralen Spanien kamen. In den kriegsführenden Ländern herrschte strenge Zensur. Heute nimmt man an, dass die Krankheit in den USA ihren Ausgang nahm. Das Influenzavirus verändert sich nicht zu rasch, daher kann man heute wirk- same Seren dagegen anwenden. Diese müssen allerdings jährlich an neu auf- tretende Virusvarianten angepasst werden. Andere virale Krankheiten, wie die früher als Seuche auftretenden Pocken , sind durch die Impfungen praktisch ausgerottet. Dies wurde durch eine Impfpflicht erreicht. Sie ist heute wegen der Ausrottung der Pocken abgeschafft. Eine genügend hohe Durchimpfungsrate der Bevölkerung bei den wichtigs- ten gefährlichen Erkrankungen ist allerdings Voraussetzung zum Vermeiden von Epidemien. Die Kinderlähmung (Polio), die noch in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts viele Tote und schwer Geschädigte forderte, konnte durch Impfaktionen fast besiegt werden. Das Risiko von Impfungen zB durch aller- gische Reaktionen auf Inhaltsstoffe des Serums ist im Vergleich zur Gefährlich- keit solcher Krankheiten vernachlässigbar. Wer geimpft ist, schützt nicht nur sich selbst, sondern verhindert auch die Ansteckung anderer Personen. Abb. 305–1: Paul Ehrlich und Salvarsan As As O H H O N H 2 H 2 N Abb. 305–2: Alexander Flemming und Penicillin N S H N O C OO H CH 3 CH 3 O R H Nicht der Mensch wird re- sistent gegen Antibiotika, sondern die Bakterien! Merke! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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