EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

Medikamente gegen bakterielle Infektionen 304 304 10.8 Eingriffe in den Stoffwechsel – Heilmittel Krankheiten und Seuchen waren einst gefürchtete Schicksalsschläge für die Menschen, denen sie bis in das letzte Jahrhundert hilflos ausgeliefert waren. Zwar wurden medizinische Methoden auf Basis von Heilkräutern und Therapieformen wie Aderlass entwickelt, ihre Wirkung war aber beschränkt. Eine Erklärung der Ursache von Krankheiten gelang erstmals durch die Entwicklung des Mikroskops und die darauf folgende Entdeckung der Bakterien . Später wurden die Viren ent- deckt, die durch das Elektronenmikroskop sichtbar gemacht werden konnten. Im 20. Jh. begann man durch die Entdeckungen der Biochemie den Stoffwechsel zu verstehen und konnte auch Krankheiten erklären, die durch vererbte Stoffwech- selstörungen entstehen oder durch ungesunde Lebensweise wie Überernährung, Bewegungsarmut oder Rauchen. Mit wachsendem Verständnis von Ursachen und Mechanismen von Erkrankungen wurden auch eine Erklärung der Heilpflan- zenwirkung, eine Isolierung der Wirkstoffe zur genaueren Dosierung und eine gezielte Suche nach Heilmitteln möglich. Jeder Stoff, der eine erwünschte biochemische Reaktion bewirkt, wird als Phar- makon bezeichnet. Die Pharmakologie (Heilmittelkunde) ist immer mit der Toxi- kologie verknüpft. Der Einsatz von Medikamenten ist immer eine Nutzen–Risiko Abwägung. Die Pharmakologie ist heute eine umfangreiche Wissenschaft. Im Rahmen dieses Buches ist daher nur die Vorstellung der wichtigsten Gruppen von Medikamenten und nur exemplarisch eine etwas genauere Betrachtung möglich. Auch gibt es Fälle, bei denen der genaue Mechanismus der Wirkung (noch) nicht erforscht ist. Antiinfektiöse Therapeutika Therapeutika gegen bakterielle Infektionen Die Infektionskrankheiten haben vier Hauptverursacher – Bakterien , Viren , Pa- rasiten und Pilze . Am besten sind bakterielle Infektionen bekämpfbar. Schon nach der Ent- deckung der Bakterien wurden durch Hygiene und Sterilisationsmaßnahmen große Erfolge erzielt. Diese sind mit den Namen Ignaz Semmelweis und Louis Pasteur verbunden. Allein dadurch kam es zu einem dramatischen Rückgang vor allem der Kindersterblichkeit und zugleich einem entsprechenden Anstieg der Bevölkerungszahl. Der große Durchbruch in der Behandlung bakterieller Infektionskrankhei- ten gelang mit der Entdeckung der Antibiotika . Heute versteht man darun- ter Arzneimittel zur Bekämpfung bakterieller Infektionskrankheiten, egal ob natürlichen Ursprungs als Produkte von Pilzen oder synthetisch abgewandelte Naturprodukte oder vollsynthetisch hergestellte. Antibiotika greifen in den Stoffwechsel von Bakterien ein. Als erstes Antibiotikum gilt das vom Deutschen Arzt Paul Ehrlich 1910 ent- deckte Salvarsan , welches das erste relativ nebenwirkungsarme Medikament gegen die Syphilis war. 1935 wurde das von Gerhard Dogmak entdeckte Sulfo- namid eingeführt. Sulfonamide verhindern in den Bakterien die Synthese von Folsäure, die für die Nucleotidsynthese und damit für die Zellteilung notwendig ist. Sulfonamide verhindern also die Vermehrung von Bakterien. Der Mensch synthetisiert keine Folsäure, sondern nimmt sie als Vitamin B9 mit der Nahrung auf. Daher ist seine Zellteilung nicht beeinträchtigt. Das bekannteste Antibiotikum ist das vom schottischen Mediziner Alexander Fleming (1881 – 1955) 1928 entdeckte Penicillin , ein antibakterielles Stoff- wechselprodukt des Schimmelpilzes Penicillium Notatum, mit dem der Pilz die Konkurrenz von Bakterien bekämpft. Mit dem Penicillin war die damals wirksamste Waffe gegen Bakterien entdeckt. Es wirkt bakterizid , da es die Synthese der Zellwand von Bakterien stört, wodurch die Bakterien nach der Zellteilung absterben. Für Bakterien, die sich nicht teilen, ist Penicillin unwirk- sam, daher ist die gleichzeitige Gabe von zB Sulfonamiden, die die Zellteilung verhindern, kontraproduktiv. Abb. 304–2: Ignaz Semmelweis Abb. 304–1: Louis Pasteur Stoppt unsere Feinde! Nur zu Prüfzwecken – Eigent m des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=