EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

268 268 Primärstruktur – Sekundärstruktur Aufgaben der Proteine Proteine erfüllen im Organismus sehr unterschiedliche Aufgaben. Proteine im Blut und in der Zellflüssigkeit wirken als Biokatalysatoren, als Hormone (Insulin), als Transportmittel zB für Sauerstoff (Hämoglobin), als Antikörper im Immun- system, als Faktoren bei der Blutgerinnung und für viele andere Zwecke. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass praktisch die gesamte Steuerung unseres Organismus mit Proteinen funktioniert. Proteine bilden aber auch die Muskel- masse und ermöglichen dadurch unsere aktive Bewegung. Sie sind verantwort- lich für die Kraftübertragung in Form der reißfesten Sehnen, für die Elastizität der Haut und die Festigkeit von Nägeln, Klauen und Hörnern, die zB im Tierreich Schutz- und Waffenfunktion haben. Proteine haben also extrem unterschiedliche Eigenschaften, die nur über ihre räumliche Struktur verstanden und erklärt wer- den können. Struktur der Proteine Primärstruktur Die Abfolge der Aminosäuren ( Aminosäuresequenz ) in einem Protein nennt man die Primärstruktur. Sie wird durch die Abfolge der Abkürzungen für die einzelnen Aminosäuren angegeben. Die Proteinformel beginnt (links) immer mit der Ami- nosäure, die die unverknüpfte Aminogruppe trägt, und endet (rechts) mit der Aminosäure mit der unverknüpften Carboxylgruppe. Die Primärstruktur eines Proteins ist genetisch festgelegt. Die Kenntnis der Pri- märstruktur ist notwendig, um Überlegungen zur räumlichen Struktur (Konfor- mation) von Proteinen anzustellen und ihre Wirkungsweise zu erklären. Die Sequenzaufklärung ist daher ein wichtiger Teil der biochemischen Forschung. Sie war früher sehr aufwändig. 1953 gelang dem Engländer Frederick Sanger (1918–2013, Nobelpreis 1958) nach etwa fünfzehnjähriger Forschungsarbeit die Sequenzierung des Hormons Insulin (Abb. 268–1). Heute hat man Methoden zur automatisierten Sequenzaufklärung gefunden, und die Sequenz der meisten bio- chemisch wichtigen Proteine ist bekannt. Sekundärstruktur In der Protein-Kette treten regelmäßig C=O- und NH-Gruppen auf. Zwischen die- sen Gruppen bilden sich Wasserstoffbrücken aus. Durch die Ausbildung einer maximalen Anzahl von Wasserstoffbrücken ergibt sich eine räumliche Anord- nung, die man als Sekundärstruktur bezeichnet. Der Amerikaner Linus C. Pauling (1901–1995) begann Anfang der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts zuerst theoretisch mit Molekülmodellen nach solchen Struk- turen zu suchen. Er schlug eine schraubenförmige Struktur der Proteinkette vor, die er α - Helix nannte. Später entdeckte er eine zweite Möglichkeit, die β -Faltblattstruktur . Beide Strukturen wurden Anfang der 50er Jahre mit der Rönt- genstrukturanalyse nachgewiesen. 1954 erhielt Pauling dafür den Nobelpreis. α -Helix In der α -Helix (Abb. 268–2) ist die Proteinkette schraubenförmig gewunden. Die Wasserstoffbrücken stabilisieren die Schraube. Sie binden die CO-Gruppe mit der NH-Gruppe der nächsten Ganghöhe. Alle CO- und NH-Gruppen der Hauptkette sind an Wasserstoffbrücken innerhalb des Protein-Moleküls beteiligt. Es treten ausschließlich Rechtsschrauben auf. Eine Umdrehung der Helix entspricht 3,6 Aminosäureresten. Die α -Helix ist eine starre, stabförmige Struktur. β -Faltblatt Bei der β -Faltblattstruktur bilden sich die Wasserstoffbrücken zwischen mehre- ren parallel liegenden Proteinketten aus. Die Protein-Moleküle können dabei parallel oder antiparallel liegen. Meist sind 2 bis 5 solcher Proteinstränge an der β -Faltblattstruktur beteiligt. Durch sogenannte β -Schleifen kann es zu einer „Haarnadelkurve“, also einer abrupten Umkehr der Richtung der Polypeptidkette, kommen. Solche Schleifen verbinden oft antiparallele Faltblattstrukturen. Abb. 268–1: Primärstruktur (Aminosäurese- quenz) des Insulins Asn Thr Gly Leu Glu His Tyr Val Leu Gln Ile Val Leu Gly Glu Glu Ala Asn Ala Leu Tyr Lys Tyr Ser Phe Gln Ser Leu Phe Tyr Glu Phe Gly Arg Val Asn Cys Cys S S His Gln Leu Ala Ser Cys Val Cys Gly S S Pro Cys Cys Val S S O R H O H R O H O C C N N C C N C N C H C R C O N H H N O C C C C O N H H N O C C C C O N H H N O C C C H N O C C O C N H C H N O C C O C N H C H N O C C O C N H C C Abb. 268–2: Sekundärstruktur – links die α -Helix, rechts das β -Faltblatt Abb. 268–3: Tertiärstruktur – schematische Darstellung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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