EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

KM-8: Chemische Grundlagen des Lebens 261 261 Recycling – Celluloseacetat – Viscose – Lyocell Spezialpapiere Für Zeitungspapier verwendet man anstelle des teuren Zellstoffes Holzschliff (fein zermahlenes Holz), das noch Lignin enthält. Dieses ist UV-strahlungsempfindlich, sodass ligninhältiges Papier im Sonnenlicht rasch vergilbt. Für Banknotenpapier werden Alttextilien (Hadern) verarbeitet. Die langkettige Cellulose der Baumwolle verleiht diesen Papieren besonders hohe Reißfestigkeit. Recycling Um beim Rohstoff Holz zu sparen, werden Anstrengungen unternommen, das Holz bzw. den Zellstoff teilweise durch Altpapier zu ersetzen. Dies ist technisch möglich – europaweit liegt der Einsatz von Recyclingpapier etwa bei 60 %. Bei der Produktion von Schreibpapier sind allerdings umfangreiche Reinigungsschritte ( Deinking-Verfahren ) notwendig, und das Ergebnis des Recyclingpapiers ist trotz- dem unbefriedigend. Besser kann Altpapier bei der Herstellung von Verpackungs- papier, Karton und Pappen eingesetzt werden. Die Firma Hamburger zB betreibt in Pitten/NÖ ein Werk, im dem solche Verpackungspapiere ausschließlich aus Alt- papier produziert werden. Halbsynthetische Kunststoffe auf Cellulosebasis Da Cellulose eine Textilfaser mit ausgezeichneten Eigenschaften ist, wurde be- reits im 19. Jahrhundert versucht, aus der billigen Cellulose des Holzes ein länger fasriges Produkt zu erzeugen, das als Ersatz für Baumwolle dienen kann. Dazu muss Cellulose gelöst werden. Um wasserlöslich zu sein, ist sie zu wenig hydro- phil, für unpolare oder schwach polare Lösungsmittel ist sie zu hydrophil. Man ist daher zwei Wege gegangen: Entweder man verringert die hydrophile Wirkung durch Veresterung der OH-Gruppen oder man erhöht die hydrophile Wirkung durch Einführen von ionischen Gruppen. Cellulosenitrat und Celluloseacetat Das erste brauchbare Produkt erhielt C. F. Schönbein 1845, als er den Salpeter- säureester der Cellulose herstellte, das Cellulosenitrat. So entstand in Frankreich die erste Kunstseide (Chardonnet-Seide). Man erzeugte einen durchsichtigen Stoff, der als Celluloid das Trägermaterial für Filme wurde. Der Nachteil der Salpe- tersäureester ist ihre Feuergefährlichkeit (tödliche Brandunfälle mit Ballkleidern, Brände in Filmstudios). Heute spielt das Material daher vor allem in der Schieß- pulver- und Sprengmittelindustrie eine Rolle. Als feuerungefährlicher Ersatz für Cellulosenitrat dient heute Celluloseacetat, der Essigsäureester der Cellulose. Sowohl als Kunstseide (Acetatseide) als auch als Folienmaterial („Sicherheitsfilm“) ist es heute in Verwendung. Cellulosexanthogenat - Viscose Behandelt man Cellulose mit Natronlauge und Schwefelkohlenstoff entsteht der Ester der Dithiokohlensäure, das Xanthogenat. In dieser Form löst sich Cellulose in Wasser zu einer zähflüssigen Masse, der Viscose . Presst man diese durch Spinn- düsen in verdünnte Schwefelsäure, so wird der Vorgang rückgängig gemacht, und es entsteht ein langer seidenglänzender Cellulosefaden mit den gleichen Eigen- schaften wie natürliche Cellulose. Dieser wird als Verstärkung für Autoreifen (Rayon) oder als Textilfaser (Viscosefaser) verwendet. Die Cellulose-Chemiefaser Lenzing AG in Oberösterreich ist der weltgrößte Hersteller solcher Fasern. Lyocell Die Belastung der Luft durch Schwefelkohlenstoffreste und Thiole und die Gewäs- serbelastung haben zur Suche nach Alternativen zum Viscoseverfahren geführt. Die wichtigste Innovation am Cellulosefasersektor ist das Lyocell-Verfahren. Es wurde von der Firma Lenzing zur großtechnischen Produktionsmethode entwi- ckelt. Eine große Lyocell-Anlage steht im Burgenland (Heiligenkreuz). Gemische aus N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO) und Wasser sind in der Lage, Cellulose zu lösen. Die darin gelöste Cellulose lässt sich in einem Spinnbad aus Wasser wieder regenerieren und ergibt Fasern mit guten Eigenschaften und hoher Nassreißfestigkeit. Das NMMO wird zu 99 % aus dem Spinnbad wiedergewonnen. Die Gewässerbelastung kann durch Kläranlagen gering gehalten werden. Luftbe- lastungen, wie beim Viscoseverfahren, treten beim Lyocell-Verfahren nicht auf. Abb. 261–1: Papiererzeugung Trocknen Glätten Zellstoff Wasser Leim Füllstoff Altpapier Papier- rollen Abb. 261–2: Xanthogenatbildung und -verspinnung Cellulose O H Cellulose O C S S Na Cellulose O H C S 2 C S 2 Na O H H O H 1 / 2 H 2 S O 4 1 / 2 Na 2 S O 4 Cellulose Cellulose- xanthogenat Regenerierte Cellulose Abb. 261–3: N-Methylmorpholin-N-Oxid (NMMO) das Lösungsmittel des Lyocell-Verfahrens O N O CH 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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