EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

222 222 Magnetische Kernresonanzspektroskopie ( 1 H–NMR) Es gibt zahlreiche spektroskopische Verfahren, die bei der Strukturaufklärung einen wichtigen Beitrag leisten. Die Auswertung spektroskopischer Daten er- fordert aber in der Regel viel Übung und Erfahrung. Die NMR-Spektroskopie wurde 1946 vom Schweizer Felix Bloch (1905 – 1983) und dem Amerikaner Edward Purcell (1912 – 1997) entwickelt (Nobelpreis 1952). Die Methode hat sich in der organischen Forschung rasch durchgesetzt. Die NMR-Spektren sind relativ einfach interpretierbar und geben viele Informa- tionen zum Molekülbau. Grundlagen Die Kernresonanzspektroskopie ( NMR ; engl.: N uclear M agnetic R esonance Spectroskopy) beruht auf dem magnetischen Verhalten von Atomkernen. Kernbausteine (Nucleonen), insbesondere das Proton, können sich wie winzige Magnete verhalten. Allerdings verhalten sich nur Kerne mit ungerader Anzahl von Nucleonen wie Permanentmagnete. Dies ist bei organischen Verbindun- gen zB bei Wasserstoffkernen der Fall. Durch Aufnahme eines NMR-Spektrums werden unterschiedlich gebundene Wasserstoff-Atome durch bestimmte Sig- nale erfasst. Charakteristika der Signale Intensität des Signals Die Fläche unterhalb eines Signals („Peakfläche“) ist ein Maß für die Anzahl gleichwertiger Wasserstoffatome. Die Integrationskurve gibt das Verhältnis der Peakflächen an (Abb. 222–2). Zur Vereinfachung wird bei den Signalen die Anzahl der erfassten Wasserstoff- atome mit 1, 2, 3 … etc. angeben. Chemische Verschiebung Die chemische Verschiebung zeigt in einem gewissen Maß die Umgebung der betrachteten Wasserstoffatome an. Abb. 222–3 zeigt die chemische Verschie- bung einiger Gruppen. Die chemische Verschiebung ist der Stärke des angelegten Magnetfeldes pro- portional. Sie wird in Bruchteilen der Stärke des angelegten Magnetfeldes angegeben. Die verwendete Einheit ist ppm (parts per million). Besonders charakteristisch ist ein Signal jenseits von 10 ppm. Dieses Signal zeigt das Wasserstoffatom einer Carboxylgruppe an. Es handelt sich daher um eine Säure. Aufspaltung in Multipletts Die Signale sind in mehrere kleine Signale aufgespalten, die zusammen Mul- tipletts genannt werden. Diese Signalaufspaltung lässt sich durch die Wech- selwirkung mit anderen Protonen (Spin-Spin-Kopplung) erklären. Allgemein gilt: Die Aufspaltung der Signale in Multipletts wird von den Wasser- stoffatomen am Nachbar-C-Atom verursacht. Die Multiplizität (dh. die Anzahl der Feinsignale in einem Grundsignal) beträgt N+1, wenn N die Anzahl der Wasserstoffatome am Nachbar-C-Atom ist. Ein Wasserstoffatom verursacht daher ein Dublett (d) bei den Wasserstoffatomen am Nachbar-C-Atom, zwei Wasserstoffatome ein Triplett (t), drei Wasserstoffatome ein Quadruplett (q). (Das Intensitätsverhältnis der Peaks der Feinstrukturen lässt sich mit dem pas- calschen Dreieck berechnen: Dublett 1:1, Triplett 1:2:1, Quadruplett 1:3:3:1 etc.). Wasserstoffatome, die an einen Sauerstoff oder an ein Kohlenstoffatom ohne Wasserstoffatome gebunden sind, ergeben ein Singulett (s). Da nicht bei allen Spektren die Feinstruktur deutlich sichtbar ist, wird zur Ver- einfachung bei den Signalen die Feinstruktur mit den angegebenen Abkürzun- gen angezeigt. Abb. 222–1: NMR-Spektroskopie schematisch Hochfrequenz- sender Sendespule Signalanzeige Empfänger Probe N S Abb. 222–2: NMR-Spektrogramm von Ethanol Integrationskurve Signalkurve –OH –CH 2 –CH 3 x 2x 3x Abb. 222–3: Chemische Verschiebung verschiedener H-Atome Art des chemische Protons Verschiebung R–C H 3 0,9 R 2 C H 2 1,3 R 3 C H 1,5 C=C– H 4,5 –5,9 Ar– H 6 –8,5 Ar–C– H 2,2 –3 H C–Cl 3 –4 H C–OH 3,4 –4 H C–OR 3,3 – 4 RCOO–C H 3,7 – 4,1 H C–COOH 2 – 2,6 R–COO H 10,6 – 12 H C–C=O 2 – 2,7 R–C H O 9 – 10 R–O H 1 – 5,5 Ar–O H 4 – 12 PLUS Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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