EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

KM-7: Struktur – Reaktion – Substanz Milchsäure – Weinsäure – Citronensäure – Brenztraubensäure – Phthalsäure – Salicylsäure 207 207 Milchsäure (2-Hydroxypropansäure) (Salz: Lactat) Die Milchsäure kommt im Blut und in vielen Organen von Säugetieren vor. Sie entsteht unter anderem bei der Milchsäuregärung . Dieser Vorgang spielt bei vielen biochemischen Vorgängen eine Rolle, unter anderem beim Sauerwerden von zu lange gelagerter Milch. Dabei wird von Milchsäurebakterien in Frischmilch unter Luftabschluss aus Lac- tose (= Milchzucker) die Milchsäure gebildet. Dadurch sinkt der pH-Wert und das Eiweiß der Milch flockt aus. Viele Milchprodukte werden durch Milchsäuregärung mit speziell ausgesuch- ten Milchsäurebakterien hergestellt, etwa Sauermilch, Joghurt oder Topfen. Die Gärung mit Milchsäurebakterien kann auch für die Haltbarmachung von Le- bensmitteln angewandt werden, so zB beim Sauerkraut. In der Landwirtschaft wird das Tierfutter in Silos ebenfalls durch Milchsäuregärung haltbar gemacht. Neben der Verwendung von Hochsilos und Fahrsilos kann der Grünschnitt auch in Großballen siliert werden, die mit Folie umwickelt werden, um den Luftabschluss zu gewährleisten und Fäulnis zu verhindern. Diese Großballen werden häufig am Rand von Feldern oder Wiesen gelagert. Bei unzureichendem Sauerstoffangebot können auch die Zellen von Säugetie- ren von normaler Atmung auf Milchsäuregärung umschalten (anaerober Stoff- wechsel). Dabei entsteht die Milchsäure in Form von Lactat. Dieses Lactat kann im Blut nachgewiesen werden. Bei ansteigender körperlicher Belastung steigt auch die Lactat-Konzentration im Blut an und wird im Spitzensport im Training regelmäßig gemessen. Im Ruhezustand liegt die Lactat-Konzentration im Blut bei 1 – 2 mmol/L. Die individuelle anaerobe Schwelle (IAS) liegt bei den meisten Menschen bei 3 – 5 mmol/L. Beim Überschreiten dieser Schwelle sind kurzzeitig sehr hohe Leistungen möglich, allerdings steigt die Lactat-Konzen- tration dann rasch an und nach kurzer Zeit muss die Aktivität wieder reduziert oder beendet werden. Weinsäure (2,3-Dihydroxybutandisäure) Salz: Tartrat Die Weinsäure existiert in drei isomeren Formen. (Siehe Kap. 8.6) Die „natür- liche“ Weinsäure, die L-(+)-Weinsäure, kommt in vielen Früchten frei oder als Salz vor (zB Traubensaft). Nach dem Vergären setzen sich Tartrate (Kalium- hydrogen-tartrat und Calciumtartrat) in Form von Weinstein ab. Weinsäure und Tartrate sind gute Komplexbildner (zB in fehlingscher Lösung). Weinsäure wird neben einigen technischen Anwendungen zum Ansäuern von Lebensmitteln eingesetzt (E 334). Citronensäure (3-Carboxy-3-hydroxy-pentandisäure) Salz: Citrat Die Citronensäure ist ein wichtiges Zwischenprodukt im Stoffwechsel. (Vergleiche Citrat-Cyclus, Kap. 10) Sie kommt in fast allen Früchten vor. Citronensäure wird in der Lebensmittelindustrie in großen Mengen verwendet (E 330). Immer häufiger ersetzt die Citronensäure die Ameisensäure als Entkal- kungsmittel. In Waschmitteln wird Citronensäure als Komplexbildner eingesetzt. Brenztraubensäure (2-Oxopropansäure) Salz: Pyruvat Brenztraubensäure bzw. Pyruvate sind wichtige Stoffwechselzwischenprodukte. Benzendicarbonsäuren Salze: Phthalate Die drei strukturisomeren Benzendicarbonsäuren (Abb. 207–4) Phthalsäure (1,2-Ben- zen-dicarbonsäure), Isophthalsäure (1,3-Benzendicarbonsäure) und Terephthalsäure (1,4-Benzendicarbonsäure) werden hauptsächlich zur Kunststofferzeugung (Polyester, zB PET) und zur Herstellung von Farbstoffen eingesetzt. Salicylsäure (2-Hydroxybenzencarbonsäure) Salz: Salicylat Salicylsäure wirkt Bakterien hemmend und schmerzlindernd. Früher wurde es als Konservierungsstoff und Schmerzmittel eingesetzt. Da Salicylsäure einen unange- nehmen Geschmack hat, wird sie heute durch andere Stoffe, teilweise Salicylsäure- derivate, ersetzt. Da Salicylsäure (Horn)haut löst, wird es zur Behandlung von Hüh- neraugen eingesetzt. Das bekannteste Salicylsäurederivat ist Acetylsalicylsäure („Aspirin“), ein Ester zwischen Essigsäure und Salicylsäure (= Alkoholkomponente). Abb. 207–1: Molekülmodell der Milchsäure Terephthalsäure Isophthalsäure Phthalsäure C OO H C OO H C OO H C OO H C OO H C OO H Die individuelle anaerobe Schwelle (IAS), auch als Lactatschwelle bezeichnet, ist ein Begriff aus der Sportphysiolo- gie und bezeichnet die höchstmögliche Belastungsintensität, welche von einem Sportler gerade noch unter Aufrechter- haltung eines Gleichgewichtszustandes zwischen der Bildung und dem Abbau von Lactat erbracht werden kann. Diese Schwelle wird vor allem leistungsdiag- nostisch bestimmt und in der Trainings- steuerung eingesetzt. zur „IAS“ Abb. 207–2: Molekülmodell der Weinsäure Abb. 207–3: Molekülmodell der Citronensäure Abb. 207–4: Strukturformeln der Benzendicarbonsäuren Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=