EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

Kautschuk – Gummi 188 188 Die 1,4-Polymerisation Bei konjugierten Dienen ist analog zur 1,4-Addition auch eine 1,4-Polymerisa- tion möglich. Es entstehen dadurch Polymerisate, die noch Doppelbindungen enthalten. diese Struktur ermöglicht eine Quervernetzung der einzelnen Polymer-Stränge. Kautschuk – ein natürliches Polymer Naturkautschuk kommt als Emulsion im Milchsaft des Gummibaumes vor. Che- misch ist er ein Polyisopren, bei dem durch die Biokatalysatoren der Pflanze die Polymerisation des Isoprens stereospezifisch ausschließlich 1,4 und all-Z verläuft. Zur Gewinnung wird der Baum verletzt und die austretende Latexmilch gesam- melt. Durch Erhitzen oder Ansäuern koaguliert der Kautschuk und kann ab- getrennt werden. Die brasilianischen Indianer verwendeten ihn zum Abdichten von Booten und Gefäßen und zur Herstellung von Schuhen. In Europa wurden Regenmäntel und Radiergummis daraus hergestellt. Gummi 1839 entdeckte der Amerikaner Charles Goodyear das Vulkanisieren und damit die Gummiherstellung. Beim Vulkanisieren addiert Schwefel an die Doppelbin- dungen der Makromolekülketten. Dadurch kommt es zu einer räumlichen Ver- netzung und zu verbesserten Eigenschaften Zusammen mit der aufkommenden Motorisierung setzte ein regelrechter Kaut- schukboom ein, der Bedarf an Gummi war kaum zu decken. Brasilien hatte prak- tisch das Weltmonopol. Auf die Ausfuhr von Samen des Gummibaumes stand die Todesstrafe. Der Engländer Henry Wickham schmuggelte 1876 etwa 70 000 Kautschuksamen aus Brasilien. England begann damit in seinen ostasiatischen Kolonien systematisch Kautschukplantagen anzulegen. Der Plantagenkaut- schuk verdrängte den Wildkautschuk fast vollständig. Brasilien erzeugt heute nur mehr knapp 1 % der Weltproduktion. Größter Produzent von Naturkautschuk ist heute Indonesien. Um von den Kautschukplantagen unabhängig zu werden, wurden vor allem in Deutschland Anstrengungen unternommen, ein Ersatzprodukt zu entwickeln. Die Polymerisation von Isopren ergab anfangs unbefriedigende Resultate. Der erste brauchbare Kunstkautschuk war ein 1,3-Butadien-Polymerisat, das mit Natrium als Katalysator erzeugt und Buna® (Butadien-Natrium) genannt wurde. Die Synthese wurde bereits 1910 entdeckt, die Kunstkautschukproduktion auf dieser Basis aber vor allem zwischen den Weltkriegen vorangetrieben. Die Poly- merisation erfolgt nicht so stereospezifisch wie in der Pflanze, es kommen auch 1,2-Additionen und E-Doppelbindungen vor. Trotzdem ist Buna® vulkanisierbar und ergibt einen Gummi guter Elastizität. Heute kennt man eine Reihe weiterer Kunstkautschuksorten. Vor allem das Copolymerisat von 1,3-Butadien mit Styren spielt eine bedeutende Rolle (etwa 50 % der Kunstkautschukproduktion). Ein neures Copolymerisat ist ABS bei dem zusätzlich das N-hältige Alken Acrylnitril enthalten ist. ABS findet im Automobil große Verwendung Zur Herstellung von Reifen , dem wichtigsten Einsatzgebiet von Gummi, mischt man Naturkautschuk mit diversen Kunstkautschuksorten. Bei Pkw-Reifen be- trägt der Einsatz von Naturkautschuk etwa 30 %, bei Lkw-Reifen etwa 70 % der Kautschukmenge. Dazu kommen etwa 25 % Ruß zur Erhöhung der Abriebfes- tigkeit und als UV-Absorber. Dadurch wird der Gummi unempfindlicher gegen Luftsauerstoff, der sonst in einer Radikalreaktion die Doppelbindungen angreift. Etwa 5 % Schwefel und eine Reihe weiterer Chemikalien werden zugemischt. Dazu gehören Vulkanisationsbeschleuniger, Weichmacher und Alterungsschutz- mittel. Die Ausgangsstoffe werden miteinander verknetet. Nun wird der Kaut- schuk auf Textil- oder Stahlgewebe aufgebracht. Diese dienen zum Überneh- men der Zugkräfte bei rascher Rotation des Reifens. Aus diesem Vormaterial wird der Reifen gewickelt. Nach dem Aufbringen der Lauffläche und des Profils wird der Reifen im Vulkanisator erhitzt, die Vulkanisation läuft ab. Abb. 188–1: Vom Kautschuk zum Gummi S S S S S S S A: Synthese in der Pflanze B: Technische Synthese Isopren Polyisopren = Kautschuk Kautschuk Gummi Abb. 188–2: Vom Gummibaum zum Autoreifen Latex Essigsäure Wasser Smoked sheets Natur- kautschuk Füllstoffe Hilfsstoffe Schwefel Kneten Reifen formen Rohling Heiß- vulkanisieren fertige Reifen Trocknen Hevea brasiliensis Homogenisieren synthetischer Kautschuk Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv

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