EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

18 18 Ein tieferes Verständnis der Wellenmechanik Nach der Relativitätstheorie sind Energie und Masse äquivalent ( E = m . c 2 ). Das bedeutet, dass jedes elektromagnetische Quant eine Masse hat, da es ja aus Energie besteht. Diese Masse hängt von der Wellenlänge ab (Abb. 18–2). Dualistisches Modell nach de Broglie Der französische Physiker Louis de Broglie (1892 – 1987) begründete nun eine Theorie, dass jede bewegte Masse nach einem dualistischen Modell beschreib- bar ist. Es haben danach nicht nur elektromagnetische Quanten, sondern auch materielle Teilchen Wellencharakter. Er ersetzte in der Beziehung zwischen Masse und Wellenlänge von Quanten die Lichtgeschwindigkeit c durch die Ge- schwindigkeit v (Abb. 18–2). Demnach wäre auch ein fahrendes Auto nach dem Wellenmodell beschreib- bar. Berechnen wir seine Wellenlänge: v = 72 km/h = 20 m/s m Auto = 1000 kg ⇒ λ Auto = 3,3·10 –30 m Diese Wellenlänge ist extrem klein. Interferenzen sind bei fahrenden Autos (zum Glück) nicht zu beobachten. Bei materiellen Gegenständen unserer ge- wohnten Umgebung ist das Wellenmodell daher nicht sinnvoll. Anders wird das Ergebnis, wenn man bewegte Elektronen betrachtet. Durch ihre sehr geringe Masse (9,11·10 –31 kg) kommt man für Elektronenstrahlen auf Wellenlängen, wie sie bei Röntgenstrahlen auftreten. Bei diesen war aber die Beugung am Kristallgitter bereits bekannt. Man führte solche Beugungsversu- che daher mit Elektronenstrahlen durch und fand die Theorie von de Broglie bestätigt. Elektronenstrahlen zeigen, ähnlich wie Röntgenstrahlen, Interferen- zerscheinungen. Bewegte Elektronen können nach einem dualistischen Mo- dell auch als Wellen beschrieben werden. Elektronen als stehende Wellen Die Wellennatur der Elektronen veranlasste nun Erwin Schrödinger (1887 – 1961), dieses Modell auf die Elektronen in der Atomhülle anzuwenden. Da die Elektronen den Raum um das Atom nicht verlassen, beschrieb er die Hüllen- elektronen als stehende Wellen. Für stehende Wellen gibt es bestimmte Bedingungen. Der einfachste – ein- dimensionale – Fall ist eine gespannte Saite. Stehende Wellen sind hier nur möglich, wenn die Saitenlänge ein ganzzahliges Vielfaches der halben Wel- lenlänge beträgt. Andere Wellenlängen sind nicht möglich. Auch im zweidi- mensionalen Fall (zB ein schwingendes Trommelfell oder eine schwingende Seifenmembran) sind nur bestimmte stehende Wellen möglich. Dasselbe gilt für dreidimensional stehende Wellen. Als solche beschreibt Schrödinger die Elektronen. Eine dreidimensional stehende Welle ist zwar nicht mehr anschaulich, sie lässt sich aber berechnen. Der Vorteil des Modells: Nur bestimmte Zustände sind mit steigender Frequenz und damit steigender Energie möglich. Die willkürlich eingeführten „erlaubten“ Energiezustände des Elektrons im Bohr´schen Modell ergeben sich im wellenmechanischen Modell von selbst. Die Wellenfunktionen für die einzelnen Orbitale lassen sich für das Wasser- stoff-Atom durch Lösung der Schrödinger-Gleichung berechnen. Die Wellenfunktionen werden mit dem griechischen Buchstaben Ψ (Psi) be- zeichnet. Die Lösung der Schrödinger-Gleichung ist mathematisch sehr an- spruchsvoll. Als Ergebnis erhält man zB die Wellenfunktion für das 1s-Orbital des Wasserstoffs: Dabei ist r der Abstand vom Atomkern und a 0 der Bohr´sche Atomradius. Aus diesen Wellenfunktionen können Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von Elektronen, Bindungsstärken, Bindungswinkel und vieles anderes mehr be- rechnet werden. Viele dieser Berechnungen sind erst durch die Arbeiten von dem in Wien geborenen Chemie-Nobelpreisträger Walter Kohn (1923 – 2016) möglich geworden, der nach seiner Emigration 1938 in den USA gelebt und gearbeitet hat. Abb. 018–1: Louis de Broglie (1892 – 1987) Abb. 018–4: Walter Kohn (1923 – 2016) 1998 Nobelpreis für Chemie Abb. 018–2: Materiewellen nach de Broglie E = h • f = h • c λ und E = m • c 2 daraus: = m • c h = h m • c (gilt für elektromagnetische Wellen) de Broglie: = h m • v (gilt für materielle Teilchen) λ λ λ Abb. 018–3: eindimensionale stehende Wellen n = 1 n = 2 n = 3 = π 1 · a 0 3 ·e – r a 0 PLUS Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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