EL-MO Elemente und Moleküle, Schulbuch

KM-6: Übertragung – Umgang mit Materie 123 123 Schwefelsäure – Herstellung Abb. 123–2: Das Kontakt-Verfahren Herstellung nach dem Kontaktverfahren Der Rohstoff für die Schwefelsäureproduktion ist in den meisten Fällen elemen- tarer Schwefel. Dieser kommt in der Natur in unterirdischen Lagerstätten vor. Eine weitere, heute wesentlich wichtigere Quelle für Elementarschwefel ist die Entschwefelung von Erdgas und Erdölprodukten nach dem Claus-Verfahren . Erdöl und Erdgas können in Form von organischen Schwefelverbindungen bis zu 5 % Schwefel enthalten. Dieser muss aus Umweltschutzgründen entfernt werden. Das Verfahren ist keineswegs wirtschaftlich, aber immer strengere, ge- setzliche Auflagen, sowie der riesengroße Verbrauch an Erdgas und Erdöl, ma- chen das Verfahren heute zur mengenmäßig wichtigsten Gewinnungsmethode für Schwefel. Bildung von Schwefeldioxid und Schwefeltrioxid Das für die Schwefelsäure notwendige Schwefeltrioxid wird praktisch nicht di- rekt gebildet. Im ersten Schritt entsteht Schwefeldioxid. 1. Schritt: S + O 2 → SO 2 2. Schritt: 2 SO 2 + O 2 → 2 SO 3 Beim wichtigen zweiten Oxidationsschritt liegt bei Raumtemperatur das Gleich- gewicht sehr deutlich auf der Seite der Produkte, die Reaktion ist aber für einen Produktionsprozess viel zu langsam. Bei 1000 °C wäre die Reaktion rasch genug, allerdings liegt dann das Gleichgewicht der Reaktion aufseiten der Ausgangs- stoffe (Prinzip vom kleinsten Zwang). Je tiefer die Temperatur für den Prozess gehalten werden kann, desto günstiger ist die Gleichgewichtslage für die SO 3 - Produktion. Daher benötigt man einen Katalysator zur Herabsetzung der Akti- vierungsenthalpie. Das bei der Verbrennung entstandene Schwefeldioxid wird einem Reaktor zugeführt. Auf dessen Horden befindet sich Vanadium(V)-oxid auf einem Trägermaterial als Katalysator. Mit überschüssiger Luft reagiert das Schwefeldioxid am Katalysator zu Schwefeltrioxid. Um hohen Umsatz zu errei- chen, muss wegen der exothermen Reaktionswärme nach jeder Stufe gekühlt werden. Bildung der Schwefelsäure Das entstandene Gasgemisch aus Schwefeldioxid und Schwefeltrioxid führt man nun aus dem Reaktor ab, kühlt es und speist es von unten in den Zwischenab- sorptionsturm ein. In diesem rieselt dem Gasgemisch ca. 95%ige Schwefelsäure entgegen, und das in ihr enthaltene Wasser reagiert mit dem Schwefeltrioxid des Gasgemisches zu Schwefelsäure. SO 3 löst sich hervorragend in konzentrier- ter Schwefelsäure, wobei eine „überkonzentrierte“ Schwefelsäure entsteht, die man auf Grund ihrer öligen Konsistenz Oleum nennt. Nutzung der Wärmeenergie Der Weltmarktpreis für technische Schwefelsäure liegt sehr niedrig, sodass das Verfahren nur rentabel ist, wenn die beim Prozess entstehende Wärmeenergie genützt wird. Alle drei Prozessschritte sind ja exotherm. Die Prozesswärme der ersten beiden Schritte wird schon seit langem genützt. Vor einigen Jahren hat der größte Schwefelsäurehersteller Österreichs, die Donau-Chemie, ein Verfah- ren entwickelt, bei dem auch die Wärme der SO 3 -Absorption genutzt wird. Die Schwierigkeit dabei liegt darin, ein geeignetes Material für einen Wärmetau- scher zu finden, das die Wärme gut leitet, aber gegen Schwefelsäure von über 200 °C stabil ist (Platin wäre geeignet, ist aber natürlich nicht finanzierbar). Es ist gelungen, Stahl durch Anlegen von Gleichspannung (positiver Pol) so weit zu passivieren, dass er in heißer Schwefelsäure stabil bleibt. Die Firma benutzt die bei der Schwefelsäureproduktion anfallende Wärme zur Konzentrierung von Phosphorsäure und außerdem zum Trocknen des bei der Phosphorsäure-Pro- duktion anfallenden Gipses bzw. von Gips-Zwischenwandelementen für den In- nenausbau. Das früher dafür verwendete Heizöl schwer wird eingespart. Heute emittiert die Donau-Chemie auf Grund der Doppelkatalyse insgesamt weniger SO 2 als früher alleine durch die Verbrennung von Heizöl schwer bei der Gipsplat- tentrocknung. S + O 2 SO 2 ∆ H = –296,6 kJ 1. Schritt 2 SO 2 + O 2 2 SO 3 ∆ H = –196,6 kJ 2. Schritt SO 3 + H 2 O H 2 SO 4 ∆ H = –134 kJ 3. Schritt Abb. 123–1: Die Reaktionen der Schwefelsäure- Erzeugung WT WT WT SO 2 Luft 95 % H 2 SO 4 H 2 SO 4 / SO 3 Luft Schwefel WT SO 3 SO 2 Luft SO 2 Luft SO 3 Verbrennung Elektro- filter Katalytische Oxidation End- absorption Zwischen- absorption Rest- Luft WT Wärmetauscher Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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