EL-MO II Moleküle, Schulbuch

97 6.3 RÖntgenstruKturanalYe unD NeutrOnenBeugung Abb. 97.1: Elektronendichteverteilung eines HÄM-Moleküls Abb. 97.2: Röntgenpräzessionsaufnahme eines Myoglobin-Kristalls Abb. 97.3: Aufnahme, Röntgenaufnahme und aus dieser rekonstruierte Abbildung des Parthenontempels in Athen 6.3 Röntgenstrukturanalyse und NEutRONENBEuGuNG Röntgenstrukturanalyse Die Röntgenstrukturanalyse beruht auf der Beugung von Röntgenstrahlen . Wie aus der Physik bekannt ist, werden Wellen an Hindernissen gebeugt. Dies geschieht auch mit elektromagnetischen Wellen (Beugung am Spalt, Doppelspalt, Gitter). Durch Interferenz der gebeugten Strahlen kommt es zu Beugungserscheinungen, die man auf einem Schirm sichtbar machen kann. Bei der Beugung an einem Gitter im Falle von Licht ergibt sich bei monochromatischem Licht eine Abfolge von hellen und dunklen Bereichen. Dieses Beugungsbild ist von der Wellenlänge des verwendeten Lichtes und vom Gitterabstand im Beugungsgitter abhängig. Gut beobachtbare Beugungserscheinungen bekommt man nur, wenn die Gitterabstände in derselben Größenordnung wie die Wellenlänge des verwendeten Lichtes liegen. Ein bestimm- tes Beugungsgitter ergibt bei festgelegter Lichtwellenlänge ein bestimmtes Beu- gungsbild. Ebenso gut kann man aber aus dem Beugungsbild auf die Struktur des Gitters rückschließen. Zur Strukturaufklärung im Bereich der Chemie werden als Beugungsgitter die Git- terebenen in Kristallen verwendet. Die Abstände der Gitterebenen liegen in der Größenordnung der Wellenlängen von Röntgenstrahlung, daher wird Röntgenstrah- lung zur Untersuchung von Kristallgittern verwendet. Aus dem Beugungsbild können nun die Gitterabstände in Kristallgittern exakt berechnet werden. Zur Untersuchung von komplizierter aufgebauten organischen Molekülen benötigt man nun Kristalle dieser Verbindungen. Dies ist bei dieser Untersuchungsmethode oft das größte Problem. Größere Eiweißstoffe zB zum Kristallisieren zu bringen er- fordert viel experimentelles Geschick. Oft sind von den Substanzen auch nicht ge- nügende Stoffmengen vorhanden, um einen Kristall zu erhalten. Erst wenn alle diese Probleme gelöst sind, kann es zu einer Messung kommen. Aus dem Beugungs- bild wird dann auf die Struktur rückgeschlossen. Da die Röntgenbeugung an den Elektronen der Hülle erfolgt, erhält man aus dem Beugungsbild eine dreidimensionale Verteilung der Elektronendichte. Zu ihrer Be- rechnung ist ein mathematisch recht aufwändiges Verfahren notwendig, die Fourier- Synthese. Erst mit der Rechenkapazität der heutigen Rechenanlagen ist diese Me- thode auch zur Strukturanalyse komplexer organischer Verbindungen geeignet. Je mehr Daten aus dem Beugungsbild zur Verfügung stehen, desto besser wird die Auflösung und damit die Interpretierbarkeit des Beugungsbildes. Die Auflösung wie- derum hängt von der Qualität des gezüchteten Kristalls ab. Neutronenbeugung Die Röntgenstrukturanalyse wird durch eine zweite Methode ergänzt, die auf dem- selben Prinzip beruht, die Neutronenbeugung. Dabei verwendet man nicht Röntgen- strahlen, sondern Neutronen, die ein Kernreaktor liefert. Nach dem Welle-Teilchen- Dualismus (Elemente, Kap. 1.5) haben solche Neutronen ähnliche Wellenlängen wie Röntgenstrahlen. Neutronen werden aber nicht an den Elektronen gestreut wie Röntgenstrahlen, sondern an den Atomkernen. Daher werden in Neutronenbeu- gungsbildern auch die Positionen von Wasserstoff-Atomen gut berechenbar. In Röntgenbeugungsbildern sind diese kaum sichtbar (geringe Elektronenanzahl und Elektronendichte am Wasserstoff-Atom, daher kaum Röntgenstreuung). Auch die in den biologischen Strukturen wichtigen Lagen der Wasserstoffbrücken können mit Neutronenbeugung festgestellt werden. Mit diesen Strukturanalyseverfahren (zusammen mit Weiterentwicklungen der NMR- Technik) ist es heute gelungen, die Struktur von mehreren Hundert großen Proteinen bis in den atomaren Bereich aufzuklären. Dadurch ist das Verständnis für den Me- chanismus der Enzymkatalyse gewachsen. Auch die Struktur der DNA wurde (schon in den 1950er Jahren) mittels Röntgenstukturanalyse aufgeklärt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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