EL-MO II Moleküle, Schulbuch

87 5.2 ADDItIOnsreaKtIOnen Die Polymerisation Eine spezielle Art von Addition an die C=C-Doppelbindung ist die Polymerisation. Dabei werden Alkene an Alkene addiert. Das Produkt sind Makromoleküle , die zB als Kunststoffe Verwendung finden. Die Ausgangsalkene nennt man Monomere , die Makromoleküle Polymere . Einer der häufigst angewendeten Mechanismen ist die radikalische Polymerisation . Die Reaktion läuft wie die radikalische Addition. Das Alken wird mit einem Radikal- starter versetzt und mit UV-Strahlung belichtet. Der einzige Unterschied zur Additi- on ist das Weglassen des Stoffes, der addiert werden soll. Der Radikalstarter zerfällt in Radikale. Diese addieren an die Doppelbindung des Alkens. Die so entstehenden Kohlenstoff-Radikale finden keinen Partner, mit dem eine Absättigung möglich ist, und addieren daher wieder an ein Alken. Es entsteht neuerlich ein Radikal. Mit jedem Schritt der Radikalkette verlängert sich das Mak- romolekül um eine Alkeneinheit (Abb. 27.1). Da Kettenabbruchschritte selten vor- kommen, können lineare Makromoleküle mit Tausenden Alkeneinheiten entstehen. Kettenabbruchschritte finden statt, wenn sich zwei wachsende Ketten treffen und vereinigen oder wenn die Kette auf ein Starter-Radikal trifft. Im Falle der radikalischen Polymerisation von Ethen zu Polyethen, dem am häufigs- ten verwendeten Kunststoff, tritt eine weitere Möglichkeit des Kettenabbruches auf, die Übertragung. Da Ethen nur aus 2 Kohlenstoff-Atomen besteht, wächst die Kette mit einem primären Kohlenstoff-Radikal. Dieses ist reaktionsfähig genug, aus einer bereits vorhandenen anderen Kette ein Wasserstoff-Radikal aus einer sekundären Stelle abzuspalten und damit das Kettenwachstum zu beenden. (Abb. 87.1) Dafür entsteht in der anderen Kette ein sekundäres Kohlenstoff-Radikal, von dem aus ein neuerliches Kettenwachstum einsetzt. Daher entstehen verzweigte Makromoleküle aus Ethen bei radikalischer Polymerisation. Nicht nur bei der großtechnischen Herstellung von Massenkunststoffen findet die radikalische Polymerisation Anwendung. Auch die Vernetzung von Polyesterharzen, die für Reparaturarbeiten an Autokarosserien vom Zubehörhandel angeboten wer- den, die Aushärtung von Hochleistungsklebstoffen (Zweikomponentenkleber) und von Versiegelungslacken laufen nach diesem Mechanismus ab. All diesen Anwen- dungen gemeinsam ist, dass zur Masse des halbfertigen Ausgangsproduktes ein „Härter“ in kleinen Mengen zugegeben wird. Dieser ist der Radikalstarter, der die Polymerisation auslöst. Polymerisationsreaktionen können auch nach dem elektrophilen Mechanismus ab- laufen. Dabei addiert im ersten Schritt ein Proton (gebildet aus einer Lewis-Säure und Spuren von Wasser) an die Doppelbindung. Das entstehende Carbenium-Ion addiert seinerseits wieder an das Alken (an das primäre Kohlenstoff-Atom). Auch hier wird in einer Kettenreaktion ein Makromolekül gebildet. Da das wachsende Kettenende ein Kation ist, nennt man diesen Mechanismus auch kationische Poly- merisation. Die Kette wird durch Abspaltung eines Protons wieder abgebrochen. Auch eine anionische Polymerisation ist möglich. Hier wirkt Natrium als Starter. Bei der Herstellung des Kunstkautschuks „Buna“ verläuft die Reaktion nach diesem Schema. (Abb. 87.2) Von großer Bedeutung in der heutigen großtechnischen Kunststoffherstellung ist die Polymerisation mit Koordinationskatalysatoren ( Ziegler-Katalysatoren ). Dafür werden Titan(IV)-chlorid oder Aluminiumalkyle eingesetzt. Der genaue Ablauf ist ziemlich kompliziert. Jedenfalls schieben sich die Monomere als Ergebnis der Ge- samtreaktion zwischen das Metall und die Kette ein (Abb. 87.3). Beim Polymerisieren von Ethen entstehen so unverzweigte Ketten (keine Radikal-Übertragung wie in Abb. 87.1). Auf diese Weise können auch stereo-selektive Polymere hergestellt wer- den. Dabei hat das asymmetrische Zentrum, das im Polymer ja an jedem 2. Kohlen- stoff-Atom der Kette entsteht, immer dieselbe Konfiguration (isotaktisch), oder die Konfiguration wechselt regelmäßig (syndiotaktisch). Beim Radikalmechanismus entstehen statistische Zufallsverteilungen (ataktisch). C H 2 H 2 C C H 2 H 2 C C H 2 H 2 C CH 2 C H 2 H C C H 2 H 2 C C H 2 H 2 C CH 3 anionische Polymerisation kationische Polymerisation radikalische Polymerisation C C C C H C C C C C C C C Na O H R R O 2 Na Na C H 2 H 2 C C H 2 Ti H 2 C CH 2 C H 2 H 2 C C H 2 Ti H 2 C CH 2 H 2 C C H 2 H 2 C C H 2 Ti H 2 C CH 2 C H 2 H 2 C C H 2 H 2 C C H 2 Ti C H 2 H 2 C C H 2 Abb. 87.2: Polymerisationsarten Abb. 87.1: Übertragung bei der radikalischen Polymerisation von Ethen Abb. 87.3: Polymerisation mit Ziegler-Katalysatoren Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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