EL-MO II Moleküle, Schulbuch

85 5.2 ADDItIOnsreaKtIOnen 5.2 AddITIONsrEAKTIONEN Elektrophile Addition • Radikalische Addition • Polymerisation Additionsreaktionen (Abb. 85.1) sind die Hauptreaktionen der Alkene und Alkine , die aufgrund dieser Reaktion auch als ungesättigte Verbindungen bezeichnet wer- den. Die Addition von Brom (Entfärbung von Bromwasser durch Schütteln mit der ungesättigten Verbindung) dient sogar zum Nachweis von Doppel- oder Dreifach- bindungen. Elektrophile Teilchen sind durch die hohe Elektronendichte (π-Elektronen) der Mehrfachbindungen zum Angriff besonders geeignet. Die Addition läuft daher normalerweise nach einem elektrophilen Mechanismus ab. Nur unter besonderen Reaktionsbedingungen kann bei Additionsreaktionen auch ein radikalischer Mecha- nismus erzwungen werden. Die elektrophile Addition A E an C=C Die elektrophile Addition verläuft in den ersten Schritten ähnlich wie die elektro- phile Substitution am Aromaten, nur ist meist kein Katalysator nötig. Betrachten wir die Addition von Brom. Bei Annäherung an das π-Elektronensystem der Doppelbin - dung polarisiert sich Brom. Das Brom-Kation tritt mit den π-Elektronen in Wechsel - wirkung und bildet einen cyclischen Übergangszustand, den π-Komplex. Der Rest des Brom-Moleküls geht als Bromid-Ion in Lösung und wird solvatisiert. Der π-Komplex wandelt sich im nächsten Schritt in einen s-Komplex um, indem das Brom mit einem der Kohlenstoff-Atome eine s-Bindung eingeht. Das andere Kohlenstoff- Atom trägt nun die positive Ladung. Zugleich nähert sich das Bromid-Ion von hinten (wegen der sterischen Hinderung durch den cyclischen Übergangszustand) und bindet an das positive Kohlenstoff-Ion (Abb. 85.2). Dieser letzte Schritt unterschei- det die S E -Reaktion am Aromaten von der A E -Reaktion am ungesättigten Aliphaten. Addition unsymmetrischer Moleküle Addiert man statt Br 2 nach demselben Mechanismus HBr, so sind bei einem Alk-1- en zwei verschiedene Produkte denkbar. In der Praxis entsteht aber fast immer das 2-Brom-Alkan (Abb. 85.3). Auch bei anderen Alkenen, die an der Doppelbindung ver- schieden stark verzweigt sind, addiert das H-Atom bevorzugt an das C-Atom, das schon mehr H-Atome trägt. Dies wurde schon 1869 vom Russen Wladimir Markow- nikow (1838–1904) als empirische Regel erkannt. Heute ist diese „ Markownikow- Regel “ aus dem Reaktionsmechanismus erklärbar. Wasserstoffverbindungen mit Nichtmetallen sind immer polar, wobei der Wasserstoff positiv polarisiert ist (Aus- nahme Borhydride, die sich bei Additionen auch entgegen der Markownikow-Regel verhalten). Daher erfolgt der Angriff auf die Doppelbindung immer zuerst mit dem Wasserstoff. Das Proton bildet den cyclischen π-Komplex und schließlich die s-Bin - dung. Da noch beide Kohlenstoff-Atome der Doppelbindung zur Auswahl stehen, bindet es sich an das, bei dem die stärkere Bindung entsteht, also an das weniger stark verzweigte. Neben der Markownikow-Regel gibt es noch eine zweite, aus dem Mechanismus erklärbare Regel. Die Addition verläuft immer trans, dh. das zweite Teilchen bindet immer auf der entgegengesetzten Seite wie das erste. Dies lässt sich durch Addition an Cycloalkene nachweisen, wo ausschließlich das trans-Produkt gebildet wird. Auch das Ion als Zwischenprodukt im Mechanismus kann bewiesen werden. Lässt man die Addition von Br 2 in stark konzentrierter NaCl-Lösung ablaufen, so addiert zuerst das positive Br + -Ion. Das zweite Teilchen, das addiert, ist aber nun aufgrund der Wahrscheinlichkeit ein Cl – -Ion, da diese nun viel häufiger vorliegen. Man erhält also fast ausschließlich Bromchloralkane statt Dibromalkane. Die radikalische Addition A R an C=C Die elektrophile Addition von Wasserstoffverbindungen führt nach der Markowni- kow-Regel zu den „Markownikow-Produkten“, also zu Reaktionsprodukten, die der Regel entsprechen. Ein 2-Bromalkan ist zB ein solches Produkt der Reaktion von HBr mit einem Alk-1-en. Will man allerdings ein 1-Bromalkan herstellen, so ist dies durch elektrophile Addition nicht möglich. Eine solche Verbindung nennt man auch Anti- Markownikow-Produkt, weil die Addition von HBr gegen die Markownikow-Regel zu dieser Verbindung führt. Auch durch radikalische Substitution sind Bromierungen ■ 85.1: Elementares Fluor kann wegen seiner zu hohen Reaktivität weder zu Sub- stitutions- noch zu Additionsreaktionen ver- wendet werden. Wie könnten Fluoralkane durch Substitutions- und wie durch Additi- onsreaktionen gewonnen werden? ÜBungen X 2 C C C X C X C Br Br C C C Br Br C C Br C C Br C C Br Br Br C C H Br C C H Br H H H H H C C H C C H H H H H H H H H H Abb. 85.2: Halogenaddition an ein Alken Abb. 85.1: Additionsreaktion Abb. 85.3: Addition eines Wasserstoffhalogenids an ein Alken Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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