EL-MO II Moleküle, Schulbuch

83 5.1 suBstItutIOnsreaKtIOnen erhöhen, erhöhen auch die Reaktivität des Aromaten. Solche Gruppen besitzen entweder einen +I- oder einen +M-Effekt. Man nennt sie aktivierend. Ein Aromat mit aktivierenden Gruppen reagiert bei S E -Reaktionen rascher als Benzen. Entstehen bei einer S E -Reaktion solche aktivierenden Gruppen, so ist die Reaktion bei der Mo- nosubstitution nur schwer anzuhalten, da das Reaktionsprodukt rascher weiterre- agiert als der Ausgangsstoff. Umgekehrt wirken alle Substituenten, die die Elektronendichte des π-Elektronen- systems verringern, desaktivierend. Dies sind Gruppen mit –I- und –M-Effekten. Die Einführung solcher Gruppen ist problemlos möglich. Eine Zweitsubstitution ist viel langsamer und benötigt immer schärfere Reaktionsbedingungen (Temperatur, Kon- zentration). Dirigierende Wirkungen Neben der Frage der Aktivierung ist die Frage nach der Eintrittsstelle des Zweit- substituenten von Interesse. Hier gibt es ja 3 Möglichkeiten, die ortho (o)-, die meta (m)- und die para (p)-Stellung. (Siehe auch Kap. 2.6) Verantwortlich für die dirigie - rende Wirkung des Erstsubstituenten sind die M-Effekte. Wie ersichtlich, sind plau- sible mesomere Grenzstrukturen, die die Verteilung von Ladung im Aromaten erklä- ren, nur so möglich, dass die Ladung entweder in o- oder in p-Stellung auftritt. Die m-Stellung wird von mesomeren Effekten nicht berührt. (Abb. 83.1 und 83.2) Eine Gruppe mit +M-Effekt aktiviert also hauptsächlich die o- und p-, nicht aber die m-Stellung. Der Zweitsubstituent tritt daher in o- oder p-Stellung ein. Es entsteht immer ein Gemisch. Das p-Produkt hat meist einen höheren Anteil als 1/3, wie es der Statistik entspricht (2 ortho-, aber nur 1 para-Stelle). Der Grund dafür sind ste- rische Effekte. Der Substituent erschwert aus räumlichen Gründen den Angriff des Elektrophils in der o-Stelle. Sehr sperrige Gruppen können die Entstehung des o- Produkts sogar fast vollständig unterdrücken. Gruppen mit –M-Effekt desaktivieren vor allem die o- und p-Stelle. Die m-Stelle ist fast nicht desaktiviert. Der Zweitsubstituent tritt daher in der m-Stelle ein. In Abb. 83.3 finden sich eine Tabelle wichtiger Substituenten und ihre aktivierenden und dirigierenden Wirkungen. Es fällt auf, dass aktivierende Gruppen immer o-/p- dirigierend wirken, auch wenn kein +M-Effekt, sondern nur ein +I-Effekt zu erwarten ist, wie bei Alkylgruppen. Desaktivierende Gruppen wirken fast immer m-dirigierend. Eine Ausnahme bilden die Halogene. Sie desaktivieren aufgrund ihres starken –I- Effektes (hohe Elektronegativität). Der schwächere +M-Effekt hebt die desaktivie- rende Wirkung für die o- und p-Stelle wieder etwas auf. Die Kenntnis der dirigierenden Wirkungen hat einen großen Einfluss auf die Synthe- seplanung. Bei der Synthese von Chlornitrobenzen wird zB zuerst die Nitrierung und dann die Chlorierung durchgeführt, wenn man das m-Produkt erhalten will. Die Ni- trogruppe dirigiert das Chlor in m-Stellung. Will man aber o- oder p-Chlornitrobenzen erhalten, so muss zuerst chloriert und dann nitriert werden, um den o/p-dirigierenden Effekt des Chlors auszunützen. Alkylierungen, die kaum bei Monoalkylierungen an- zuhalten sind, werden oft nicht direkt durchgeführt. Statt dessen führt man eine Acylierung durch (desaktivierende Gruppe). Das erhaltene aromatische Keton wird anschließend zum Kohlenwasserstoff reduziert. ■ 83.1: TNT (Trinitrotoluen) ist ein wichtiger Sprengstoff. Er wird aus Toluen mit Nitriersäure hergestellt, wobei die Ein- führung der 3. Nitrogruppe Schwierigkeiten bereitet. Begründ, warum! In welchen Posi- tionen müssen sich die 3 Nitrogruppen des TNT befinden? ÜBungen NO 2 NO 2 Chlorierung Chlorierung Nitrierung Cl Cl Nitrierung Cl Cl NO 2 NO 2 aktivierende o/p-dirigierende Erstsubstituenten: –O– –NH 2 , –NH–R, –NR 2 , –OH, –O–R, –NH–CO–R, –O–CO–R –Alkylgruppen desaktivierende m-dirigierende Erstsubstit.: –NH 3 + , –NR 3 + –CO–O–R, –COOH, –CHO, –CO–R, –NO 2 , –SO 3 H desaktivierende o/p-dirigierende Erstsubstit.: –Halogen Abb. 83.2: Nitro-Gruppen wirken desaktivierend und meta-dirigierend Abb. 83.1: Phenolat-Ionen wirken aktivierend und ortho/para-dirigierend Abb. 83.3: Wirkung verschiedener Erstsubstituenten bei der Zweitsubstitution, geordnet nach fallender Stärke Z NO 2 N N N O O O O O O NO 2 Z Z O O O O O O Z Z Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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