EL-MO II Moleküle, Schulbuch

81 5.1 suBstItutIOnsreaKtIOnen nun zu Dichlormethan etc. Bei geringer Chlorkonzentration entstehen also haupt- sächlich Chlormethan und Dichlormethan, bei hoher Chlorkonzentration hauptsäch- lich Tri- und Tetrachlormethan. Im technischen Prozess werden die Reaktionspro- dukte anschließend durch Destillation getrennt. (Abb. 81.1) Neben den genannten Hauptprodukten entstehen als Nebenprodukt in geringer Konzentration chlorierte Ethane, obwohl in der Ausgangsmischung kein Ethan vor- handen war. Bei Kettenabbruchschritten wurde es aber gebildet. Chlorierung von anderen Alkanen Wird ein Kohlenwasserstoff chloriert, der nicht lauter gleichwertige Wasserstoff- Atome besitzt, so ist die Anzahl möglicher Produkte größer. Methyl-propan zB be- sitzt 9 primäre und 1 tertiären Wasserstoff. Bei einer Monochlorierung können daher 2 verschiedene Chloralkane entstehen. Deren Häufigkeit verhält sich aber nicht 9:1, wie es statistisch zu erwarten wäre, sondern bevorzugt entsteht das 2-Chlor-methyl- propan (Abb. 81.2). Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Kohlenstoff-Wasser- stoff-Bindungen nicht gleich stark sind. Die schwächste Bindung ist die zum tertiä- ren Kohlenstoff-Atom, die stärkste die zum primären. Daher sind tertiäre Stellen bei S R -Reaktionen der bevorzugte Angriffspunkt. Der erste Kettenschritt, der ener- giemäßig ohnehin nur schwer möglich ist, wird stärker exotherm und läuft rascher ab. Weitere Stellen, die bei S R -Reaktionen bevorzugt angegriffen werden, sind die Allyl- und die Benzylstellung. Die C–H-Bindung direkt neben der Doppelbindung oder di- rekt neben Benzenringen ist besonders schwach. Ein Wasserstoff-Atom lässt sich von dort noch leichter entfernen als von einem tertiären Kohlenstoff-Atom. Das entstehende Radikal ist relativ stabil, da das Radikal-Elektron einem konjugierten π -Elektronensystem angehört und mesomer stabilisiert ist. (Abb. 81.3) Halogenierung mit anderen Halogenen Mit anderen Halogenen als Chlor sind S R -Reaktionen nur bedingt durchführbar. Flu- orierungen sind theoretisch immer möglich. Der erste Kettenschritt ist aber durch die starke H–F-Bindung bereits so exotherm und rasch, dass die Reaktion nicht kon- trollierbar ist. Meist treten heftige Detonationen auf. Das Kohlenstoffgerüst kann zerstört werden und eine gezielte Synthese ist unmöglich. Bromierungen verlaufen langsamer. Wie man aus der Tabelle der Bindungsstärken (Anhang) erkennt, ist der erste Kettenschritt mit Brom an allen C–H-Bindungen endotherm. Nur bei Allyl- und Benzylstellungen ist ein exothermer Reaktionsschritt mit guter Gleichgewichtslage zu erwarten. Bromierungen sind daher hochspezifisch und in guter Ausbeute in diesen Stellungen möglich. An tertiären Stellen sind sie langsam, an primären treten sie praktisch nicht auf. Iodierungen sind unmöglich. Die Bindung zwischen Wasserstoff und Iod ist immer schwächer als die C–H-Bindung. Der erste Schritt der Radikalkette kann daher nicht ablaufen. ■ 81.1: Formulier Reaktionsgleichungen für die Radikalkette der Reaktion Trichlor- zu Tetrachlormethan! ■ 81.2: Mit welchem Isomeren zu C 5 H 12 wird das Brom in Versuch 21.1 (Bromierung von Petrolether) hauptsächlich reagieren? Welches Bromalkan wird am häufigsten auftreten? Formulier die Radikalkette für die Reaktion! ■ 81.3: Berechne mit Hilfe der Tabelle über die Bindungsstärken (Anhang) die Energieumsätze für die Einzelschritte a) der ra- dikalischen Chlorierung von Methan, b) der radikalischen Bromierung von Methyl-propan und c) von Toluen! Weshalb kann Toluen am Benzenring nicht radikalisch bromiert werden? ÜBungen HCl Cl 2 statistisch zu erwarten 90 % experimentell 64 % statistisch zu erwarten 10 % experimentell 36 % H 3 C CH CH 3 CH 3 H 2 C CH CH 3 CH 3 H 3 C C CH 3 Cl H 3 C Cl HCl Cl 2 H 2 C CH CH 2 H 2 C CH CH 2 CH 2 CH 2 CH 2 CH 2 H C H H H H C Cl H H H C Cl H Cl H C Cl Cl Cl HCl Cl 2 HCl Cl 2 HCl Cl 2 HCl Cl 2 Cl C Cl Cl Cl Abb. 81.1: Mehrfachchlorierung von Methan Abb. 81.2: Monochlorierung von Methyl-propan Abb. 81.3: Allyl- und Benzyl-Radikale sind mesomeriestabilisiert Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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