EL-MO II Moleküle, Schulbuch

70 OrganISCHe n-, P- und S-VerbIndungen ■ 70.1: Erstell die Strukturformel der γ -Amino-buttersäure (GABA)! Wie lautet der systematische Name dieser Verbindung? ■ 70.2: Wie reagiert eine konzentrierte Glycinlösung mit Salzsäure, wie mit Natronlauge ? Formulier die Reaktionsglei - chungen der Protolysereakti - onen; geh dabei von der Zwitteri - onenform aus! ■ 70.3: Zu welchem Pol wandert 2-Ami - no-propansäure bei der Elektro - phorese im sauren Milieu? ÜBungen Aminosäuren (Aminocarbonsäuren) Aminosäuren besitzen zwei funktionelle Gruppen: die Carboxylgruppe –COOH mit hoher Priorität und die Aminogruppe –NH 2 mit geringerer Priorität (Abb. 70.1). Die Bezeichnung Amino- erfolgt daher vor dem Grundnamen mit der Angabe des ent - sprechenden Lokanten oder durch die Kennzeichnung mit α , β , γ etc. Aminosäuren sind als Reinstoffe immer Feststoffe mit relativ hohen Schmelzpunk - ten. Viele sind nicht unzersetzt schmelzbar. Da sie kleine Moleküle sind, weist dies auf einen salzartigen Charakter hin. Dieser entsteht durch die zwei funktionellen Gruppen der Aminosäuren. Die Carboxylgruppe hat saure, die Aminogruppe basische Eigenschaften. Daher kommt es zu einer Protolysereaktion innerhalb des Moleküls. Im festen Zustand liegen Aminosäuren somit großteils als Zwitterionen vor. Dies erklärt die starken Wechselwirkungen. In Lösung wirken Aminosäuren als Puffer (sowohl saure als auch basische Funktion). In stark saurer Lösung wird die Aminogruppe protoniert. Die Protolyse der Carbo - xylgruppe ist stark zurückgedrängt, die Aminosäure liegt als Kation vor. In stark ba - sischer Lösung ist die Carboxylgruppe praktisch vollständig deprotoniert, die Ami - nogruppe als schwache Base hat ein freies Elektronenpaar. Die Aminosäure liegt als Anion vor. Bei einem bestimmten pH-Wert, den man isoelektrischen Punkt nennt, ist die Aminosäure auch in Lösung ein Zwitterion. Die Lage des isoelektrischen Punk - tes hängt vom Einfluss des Restes R ab und ist von Aminosäure zu Aminosäure ver - schieden. Der isoelektrische Punkt ist zugleich der Puffer-pH, der sich in einer kon - zentrierteren wässrigen Lösung der Aminosäure einstellt. Keinesfalls liegen Aminosäuren in der Form wie in Abb. 70.1 vor. Diese Strukturformel wird aber oft als bewusste Vereinfachung verwendet (zB bei Kondensationsreaktionen). Meist wird allerdings die Zwitterionenformel bevorzugt, die den wirklichen Zustand besser wiedergibt. Große Bedeutung besitzen Aminosäuren als Bausteine der Eiweißstoffe (Kap. 8.3). Diese Aminosäuren tragen die Aminogruppe am 2. C-Atom ( α -Aminosäuren) und sind bis auf die einfachste α -Aminosäure – Aminoessigsäure (Glycin) – chiral. In der Natur tritt nur die S-Form auf. Die nichtchirale γ -Aminobuttersäure (GABA) spielt biochemisch eine wichtige Rolle (Neurotransmitter). Zur Trennung von Aminosäuregemischen – ein Problem, das bei der Untersuchung von Eiweißstoffen immer wieder auftritt – kann man die Methode der Elektropho - rese verwenden. Hier wird auf einer Trägersubstanz (Papier oder Gel) in wässrigem Medium das Aminosäuregemisch aufgebracht. Dann legt man eine hohe Gleichspan - nung an. Aminosäuren, die als Kationen vorliegen, wandern in Richtung Katode, die als Anionen vorliegen, in Richtung Anode. Zwitterionen wandern nicht. Durch Vari - ation des pH-Wertes kann man solche Trennprobleme rasch lösen. Heute wendet man diese Methode allerdings hauptsächlich zur Trennung von Eiweißgemischen an. Elektrolyt Papier negativ geladene Ionen Startlinie Startflecken positiv geladene Ionen H 3 C CH COOH NH 2 H 2 C COOH Aminoessigsäure = Glycin 6-Amino-hexansäure NH 2 COOH NH 2 pH-Wert OH H 3 O Isoelektrischer Punkt COO C H H 3 N R COOH C H H 3 N R COO C H H 2 N R (Trivial: ε -Amino-capronsäure) Abb. 70.1: Molekülmodell und Strukturformel von 2-Aminopropansäure Abb. 70.2: Elektrophorese 4 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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