EL-MO II Moleküle, Schulbuch

65 3.6 chIralItät – SpIegelBIlDIsOMerIe R/S-Nomenklatur Die R/S-Nomenklatur ist eine Möglichkeit zur Festlegung der exakten Struktur ohne Kenntnis eines Syntheseweges zum Glyceral. Dabei ordnet man die vier Substituen­ ten nach fallender Priorität nach den bereits in Kap. 2.3 besprochenen Cahn-Ingold- Prelog-Sequenzregeln . Bestimmung von R/S am Molekülmodell: Man hält das Modell so, dass der Substi­ tuent niedrigster Priorität vom Betrachter am weitesten entfernt ist. Nun sieht man das Basisdreieck des Tetraeders mit den anderen Substituenten. Erfolgt ihre Reihung nach abnehmender Priorität im Uhrzeigersinn (nach rechts), so hat man eine R-Form (R von lat. rectus = rechts), im gegenteiligen Fall eine S-Form (S von lat. sinister = links). Da diese Bestimmung einiges räumliches Vorstellungsvermögen erfordert, gibt es eine vereinfachende Regel, die „ Very good“-Regel . Dabei geht man ohne Molekül­ modell von der Fischer-Projektionsformel aus. Liegt dabei der Substituent niedrig­ ster Priorität vertikal, so liegt er nach den Projektionsregeln hinter der Schreibebe­ ne. Man sieht daher richtig auf die Tetraederbasis. Die übrigen Substituenten nach fallender Priorität ergeben im Uhrzeigersinn somit R, gegen den Uhrzeigersinn S ( vertical = very good). Liegt der Substituent niedrigster Priorität horizontal, so er­ folgt die Bestimmung genauso, nur wird das Ergebnis anschließend ins Gegenteil verkehrt (not vertical = not very good) (Abb. 65.1). Beachte: Auch bei der R/S-No­ menklatur erhält man keinerlei Aufschluss über den Drehsinn einer Substanz. Stoffe mit mehreren asymmetrischen C-Atomen Sind in einem Molekül mehrere asymmetrische C-Atome vorhanden, so steigt die Zahl der möglichen Stereoisomeren. Die Zahl der möglichen Isomeren beträgt 2 n (n = Zahl der asymmetrischen C-Atome). ZB: Hier sind zwei Enantiomerenpaare möglich. Beachte, dass zB die Verbindungen (1) und (3) keine Enantiomeren sind. Moleküle, die keine Enantiomeren sind, sich aber nur durch die räumliche Anordnung unterscheiden, nennt man Diastereomere. Dia - stereomere besitzen zum Unterschied von Enantiomeren unterschiedliche physika - lische und chemische Eigenschaften. Die Zahl der möglichen Stereoisomeren ist geringer, wenn 2 asymmetrische C-Atome vorliegen, die gleiche Substituenten tragen. Solche Moleküle besitzen bei einer be - stimmten Anordnung eine Spiegelebene. Sie sind daher nicht chiral. Beispiel: Weinsäure. (Abb. 65.2) Die Meso-Weinsäure kann mit ihrem Spiegelbild zur Deckung gebracht werden (überprüfe dies mit Hilfe eines Molekülmodells). Mesoformen sind optisch inaktiv. ■ 65.1: Wie heißt der einfachste chira­ le Alkohol? Schreib die R-Form dieser Ver­ bindung in Fischer-Projektion an! ■ 65.2: Wie heißt der Kohlenwasserstoff mit der geringsten Molmasse, der chiral ist (zwei Möglichkeiten)? S-Form in Fischer-Pro­ jektion. ■ 65.3: Die cis/trans-Isomerie bei Cycloal­ kanen beruht eigentlich auf Chiralität. Wie viele optische Isomere gibt es von 1,2-Dime­ thylcyclopropan? ÜBUngEn H = horizontal → not very good C F H Cl Br * C H * F Br Cl S R H = vertikal → very good – Form – Form Enantiomerenpaar identisch 2(R),3(R)-Dihydroxy- butandisäure [L(+)-Weinsäure] 2(S),3(S)-Dihydroxy- butandisäure [D(–)-Weinsäure] 2(R),3(S)-Dihydroxy-butandisäure [Meso-Weinsäure] COOH C C COOH OH H H HO COOH C C COOH H OH HO H COOH C C COOH OH OH H H COOH C C COOH H H HO HO R – Form S – Form CHO C C CH 2 OH OH OH H H CHO C C CH 2 OH H H HO HO CHO C C CH 2 OH OH H H HO CHO C C CH 2 OH H OH HO H R – Form S – Form Enantiomeren-Paar Enantiomeren-Paar Diastereomere (1) (2) (3) (4) Abb. 65.1: Die „Very good“-Regel Abb. 65.2: Die Formen der Dihydroxy-butandisäure (Weinsäure) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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