EL-MO II Moleküle, Schulbuch

165 10.5 EnTSORgung unD WIEDERvERwERTung vOn KunSTOffEn Deponierung • Grundwasserprobleme • Müllverbrennung • Recycling Etwa 5–6 % des Erdöls werden zu Kunststoffen verarbeitet. Diese müssen nach dem Gebrauch entsorgt werden. Die an sich erwünscht hohe Stabilität und geringe Re- aktionsbereitschaft der Kunststoffe wird bei der Entsorgung zum Problem, da Kunst- stoffe nur extrem langsam verrotten. Daher sind illegal in der Natur zurückgelasse- ne Kunststoffabfälle sehr lange sichtbar. Dadurch erhielten die Kunststoffe allgemein ein sehr schlechtes Umweltimage. Gesammelte und geordnet auf Mülldeponien gelagerte Kunststoffreste wirken sich nicht umweltschädlich aus. Da sich die Stoffe nicht verändern, geben sie auch keine schädlichen Zersetzungsprodukte an das Grundwasser ab. Die Grundwasserproble- me durch Altdeponien stammen nicht von den Kunststoffen, ganz im Gegenteil. Kunststoffe werden heute zum Abdichten von modernen Mülldeponien verwendet, um schädliche Sickerwässer zu verhindern. Das einzige Problem ist das des Müllvo- lumens. Obwohl der Kunststoffanteil im Müll nur um die 10 % liegt, sind Kunststof- fe meist sehr sperrig (Hohlkörper) und verursachen bis zu einem Drittel des Müllvo- lumens. Bei einer Entsorgung durch Müllverbrennung verhalten sich die meisten Kunststof- fe wie Erdöl. Der Heizwert liegt sogar etwas höher als der der meisten Erdölproduk- te. Musste man früher vor allem im Winter (Ascheanteil im Müll) Heizöl bei der Müllverbrennung zufeuern, so hat der Hausmüll in Wien heute durch den Kunststoff- anteil den Heizwert von Braunkohle. Durch die Müllverbrennung kann man elektri- sche Energie oder Fernwärme erzeugen. So wird zumindest der Energieinhalt der Kunststoffabfälle ausgenutzt. In modernen Anlagen wird mit hohem Luftüberschuss und bei genügend hoher Temperatur verbrannt. Die Verbrennung verläuft vollstän- dig zu CO 2 und H 2 O, unverbrannte Zersetzungsprodukte oder Ruß treten nicht auf. Nur PVC macht durch seinen Chlorgehalt durch die Tatsache, dass es chlorwasser- stoffhältige Abgase erzeugt, Schwierigkeiten bei der Müllverbrennung. Daher muss für Müllverbrennungsanlagen eine Rauchgasreinigung vorgesehen werden. Diese ist aber in jedem Fall nötig, da nur etwa die Hälfte des HCl bei der Müllverbrennung aus dem PVC stammt. Auch Kochsalz bildet bei hoher Verbrennungstemperatur HCl (Reaktion mit Wasserdampf). Das giftige Dioxin (siehe Kap. 2.7) entsteht ebenfalls in Spuren bei der Müllverbrennung, sowohl aus PVC als auch aus anderen chlorhäl- tigen Verbindungen. Eine andere Möglichkeit der Entsorgung als auf einer Deponie oder durch Verbren- nung ist eine stoffliche Wiederverwertung der Kunststoffe. Beim echten Recycling wird aus Kunststoffabfällen wieder Rohmaterial für neue Produkte. Dies gelingt nur mit sortenrein gesammelten Kunststoffen. In der Industrie, wo Abfälle sortenrein anfallen, werden diese schon lange wiederverwertet. Heute versucht man auch eine Sortierung der Kunststoffe des Hausmülls. Fünf Kunststoffe (PE, PP, PS, PVC, PET) werden so häufig hergestellt, dass ihre Produktion einen Großteil der gesamten Kunststoffproduktion ausmacht. Ein Recycling konzentiert sich daher vor allem auf diese Massenkunststoffe. Bemühungen in dieser Hinsicht sind in Teilbereichen durchaus erfolgreich. Recyclingkunststoffe sind jedoch etwa viermal so teuer wie Neukunststoffe. Erst bei einer deutlichen Erhöhung des Erdölpreises und einer Ver- vielfachung der Deponiekosten wird das Kunststoffrecycling wirtschaftlich. Die zweite Methode eines stofflichen Recyclings ist die Pyrolyse (Abb. 165.1). In Crack-Prozessen oder Verschwelungsprozessen (Verbrennung unter Luftmangel) kann man aus den Kunststoffabfällen Heizgase oder Treibstoffkomponenten erzeu- gen. Hier ist das PVC ein Problem, da die Produkte chlorhältig mit allen Nachteilen (HCl und chlorierte Dioxine im Abgas) sind. Nur beim Cracken unter hohem Wasser- stoffdruck erhält man chlorfreie organische Produkte (Chlor liegt dann als HCl vor). Diese Technologie ist allerdings sehr aufwändig. In Bottrop im Ruhrgebiet ist eine solche Anlage zur Kohleteerverarbeitung in Betrieb, die heute auch große Mengen Kunststoffe zu Treibstoffkomponenten verarbeitet. Kunststoffabfälle Abgas Ruß Wirbel- schicht- reaktor Gebläse Kühlung Pyrolyseöl Pyrolyseöl Pyrolyseöl Pyrolyseöl Abb. 165.1: Pyrolyse von Kunststoffabfällen 10.5 EntsOrgung unD WIeDerverwertung vOn KunststOffen 10.4 SIlIcOne N r zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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