EL-MO II Moleküle, Schulbuch
155 Ein weiteres Verfahren zur Kunststoffverarbeitung ist das Tiefziehen . Dabei wird eine Kunststofffolie über einer Form kurz erhitzt. Anschließend wird die Form evakuiert, wodurch die Folie in die Form gezogen wird. Jogurtbecher werden beispielsweise so hergestellt. Ein Schneidewerkzeug stanzt die Becher anschließend aus der Folie. Das zurückbleibende Stanzgitter wird zur Herstellung neuer Folien wiederverwertet. Zur Herstellung von Textilfasern aus Plastomeren dient das Verspinnen . Man unter- scheidet zwischen dem Schmelzspinnen und dem Trockenspinnen. Beim Schmelz- spinnen wird wie beim Extrudieren die Kunststoffschmelze mit einer Schnecke unter großem Druck durch eine Düse gepresst. Diese Spinndüse ist etwa münzgroß und enthält mehrere Tausend Bohrungen. Die dünnen Kunststofffäden erstarren hinter der Düse in einem Kaltluftstrom. Beim Trockenspinnen (Abb. 155.1) wird eine Lösung des Plastomers in einem leicht verdampfbaren Lösungsmittel durch die Spinndüse gepresst. Das Lösungsmittel wird in einem Warmluftstrom verdampft. Nach allen Spinnverfahren werden die Fasern einer gewissen Zugbelastung ausgesetzt (Verstre- ckung). Durch diese Dehnung orientieren sich die Makromoleküle parallel. Die Neben- valenzkräfte bilden sich dabei stärker aus, die Faser wird reißfester und formstabiler. Elastomere Elastomere bestehen aus Makromolekülen mit schwacher räumlicher Vernetzung . Wirkt eine Zugkraft, so ist das Elastomer verformbar. Die Molekülketten gleiten anein- ander vorbei und Bindungswinkel werden deformiert. Schließlich verhindern die Ver- netzungsstellen eine weitere Dehnung. Lässt die verformende Kraft nach, so wird wie- der die ursprüngliche, stabile Form eingenommen (Abb. 155.2). Elastomere werden entweder wie Weichschäume aus Polyurethan in der Endform er- zeugt oder sie befinden sich zuerst in einem plastischen Zustand aus kettenförmigen Makromolekülen. Nach der Formgebung tritt eine räumliche Vernetzung ein (zB bei der Herstellung von Gummi durch Vulkanisieren von Kautschuk). Duromere Duromere bestehen meist aus räumlich stark vernetzten Molekülketten . Eine ther- moplastische Verformung ist nicht möglich. Die theoretische Erweichungstemperatur liegt oberhalb der Zersetzungstemperatur. Duromere sind meist hart und relativ spröde. Ihr Vorteil ist die ziemlich hohe Temperaturbeständigkeit. Auch Duromere werden bereits in ihrer endgültigen Form hergestellt. Beispiele dafür sind Kunststoffe für Möbeloberflächen und Spanplatten. Eine zweite Möglichkeit ist die Herstellung von linearen Molekülketten, die in einem Lösungsmittel gelöst werden. Die Ketten dieser Kunststoffharze werden durch einen „Härter“, der Radikalstarter enthält, durch Polymerisation vernetzt (zB Polyesterharze, Versiegelungslacke; Abb. 155.3). Verbundwerkstoffe Die nachteiligen Eigenschaften der Kunststoffe wie geringe Härte und vor allem gerin- ge mechanische Festigkeit gegen Zug-, Druck- und Torsionsbelastung können durch Kombination von Kunststoffen mit anderen Materialien vermieden werden. Häufig wer- den dabei Glasfasern eingesetzt. Solche glasfaserverstärkten Kunststoffe ( GFK ) ver- einigen die hohe mechanische Festigkeit der Glasfasern mit der geringen Dichte und hohen Zähigkeit der Kunststoffe. Die Glasfasern werden als Matten über einer Form mit der noch unvernetzten Kunststoffmasse getränkt. Danach erfolgt die Aushärtung zum Duromeren. Ein gemeinsames Aufspritzen des Kunststoffharzes und kurzer Glas- fasern auf eine Form ist verarbeitungstechnisch einfacher und wird heute häufiger an- gewendet. Glasfaserverstärkte Polyesterharze zB dienen so als Materialien für Karos- serien und Boote. Der fertige Verbundstoff besteht dabei zu etwa 70 % aus Glasfasern. Polyamide kommen als plastomer verarbeitbare Granulate mit 25–35 % Glasfaseranteil in den Handel und werden zu Kunststoffteilen im Automobilbau verarbeitet. Besonders gute mechanische Eigenschaften lassen sich auf diese Weise mit Carbonfa- sern erzielen. Carbonfasern bestehen aus Kohlenstoff in Grafitstruktur. Sie sind weit stärker zugbelastbar als Stahl, haben aber nur ein Viertel der Dichte. In Kombination mit Kunststoffen wie zB Epoxidharzen ergeben sie Werkstoffe von höchster Leistungs- fähigkeit, die im Flugzeug- und Rennwagenbau Verwendung finden (CFK – kohlenstoff- faserverstärkte Kunststoffe). Filter Faser zum Verspinnen Spinn- lösung Heizung Heißgas Spinnschacht Polymerisat Lösungs- mittel Lösungsmittel- rückgewinnung Lösungsmittel- reinigung Nach der Belastung Bei Belastung Vor der Belastung Makromoleküle Makromoleküle Vernetzungen Abb. 155.3: Durch Vernetzung vom Plastomeren zum Duromeren Abb. 155.2: Veränderung der Molekularstruktur eines Elastomeren bei Belastung Abb. 155.1: Trockenspinn-Verfahren 10.2 vOllsYnthetIsche KunststOffe Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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