EL-MO II Moleküle, Schulbuch
144 Der genetische Code ist nahezu universell, dh. vom Einzeller bis zum Menschen in gleicher Weise gültig. Dies ist der Grund, weshalb bei Gentechnik-Versuchen die DNA höherer Lebewesen auch von Einzellern richtig gelesen wird. Nur einige Lebewesen, die im Laufe der Evolution schon sehr früh „abzweigten“, benutzen einige wenige Codons anders. Zur Proteinsynthese muss nun der genetische Code in eine Aminosäuresequenz umgesetzt werden. Dies geschieht mit Hilfe der Ribonucleinsäure RNA . Sie unter - scheidet sich von der DNA in zweierlei Hinsicht. In der Kette tritt Ribose an die Stel - le von Desoxyribose und die Base Uracil ersetzt die Base Thymin. In einem Vorgang, den man Transscription nennt, wird eine RNA-Kopie eines DNA-Abschnitts herge - stellt. Einen solchen Abschnitt, der ein Protein codiert, nennt man Gen . Zuerst wird die DNA von bestimmten Enzymen dazu veranlasst, an der Stelle des Gens die Doppelhelix zu öffnen. Dann wird ein dem DNA-Abschnitt komplementäres RNA-Molekül erzeugt, gesteuert durch Start- und Stopcodons. Dieses RNA-Molekül nennt man messenger-RNA oder kurz m-RNA . Es kann zum Unterschied von der DNA den Zellkern verlassen. Der genetische Code wird nicht nach der ursprünglichen DNA, sondern nach der Basenfolge der m-RNA angeschrieben. Daher taucht in der Tabelle (Abb. 144.1) U für Uracil und nicht T für Thymin in den Codons auf. Die m-RNA verlässt nun den Zellkern und wandert ins Cytoplasma, wo an den Ribo - somen die Proteinsynthese stattfindet. Dort wird der Basencode in eine Aminosäu - resequenz „übersetzt“. Daher nennt man den Vorgang Translation. Diese „Überset - zung“ erfolgt mit kurzen RNA-Stücken, die einerseits eine Bindungsstelle für eine bestimmte Aminosäure, andererseits eine Stelle, mit der der genetische Code gele - sen werden kann, enthalten. Dies ist ein „Anticodon“, also eine Stelle, die spezifisch an das Codon bindet. Diese Moleküle nennt man transfer-RNA oder t-RNA . Ihre Aufgabe ist der Transfer der Aminosäuren und die Ordnung derselben nach dem m-RNA-Code. Die Aminosäuren werden nun in der richtigen Reihenfolge durch En - zyme zum Protein verknüpft. Der Vorgang wird bei Erreichen eines Stopcodons ab - gebrochen. (Abb. 144.2) Veränderung der DNA – Mutationen – Gentechnik Die DNA ist durch die Doppelhelix gut gegen Veränderungen geschützt. Trotzdem kann es vorkommen, dass bei einem DNA-Molekül durch äußere Einflüsse (radioak - tive Strahlung, bestimmte Chemikalien) ein so großer Bereich geschädigt wird, dass die exakte Reparatur nicht mehr möglich ist. Es kommt zu einem Austausch von Stickstoffbasen, was zu einer Veränderung von Codons führen kann. Ein solcher Vorgang führt zur Synthese von „falschen“ Eiweißstoffen. Dies ist ohne Belang, wenn eine beliebige Zelle davon betroffen ist. Die Nachbarzellen produzieren die richtigen Proteine. Die geschädigte Zelle kann absterben, wenn der Eiweißstoff für sie unbe - dingt nötig ist. Wenn von einer solchen Veränderung allerdings eine Ei- oder Samenzelle betroffen ist, die zur Befruchtung führt, so haben alle Zellen des neuen Lebewesens den Feh - ler in der DNA. Alle Zellen produzieren einen „falschen“ Eiweißstoff. Eine solche Veränderung nennt man Mutation . Nun hängt das Überleben des neuen Lebewesens von der Art der Veränderung ab. Ist eine Aminosäure des aktiven Zentrums eines Proteins betroffen oder eine, die eine deutliche Änderung der Tertiärstruktur be - wirkt, so wird das Protein seine Aufgabe nicht erfüllen können. Ist ein wichtiges Protein auf diese Weise funktionsunfähig, so führt das in den meisten Fällen zu ei - nem nicht lebensfähigen Lebewesen. Solche ungünstigen Mutationen sterben meist aus. Sie werden daher nicht weitervererbt. Ungünstige Mutationen, die nicht direkt zum Tod des entsprechenden Lebewesens führen, können weitervererbt werden. So sind erbliche Krankheiten entstanden. Beispiele dafür sind Stoffwechseldefekte, die durch das Fehlen wichtiger Enzyme verursacht sind, die Sichelzellenanämie, die auf einem Fehler in der Hämoglobinsynthese beruht, oder die Bluterkrankheit, bei der der Mechanismus der Blutgerinnung gestört ist. Ist eine Aminosäure des Prote - ins durch eine andere ersetzt, die etwa gleich groß ist und keine bedeutende Struk - turänderung im Protein hervorruft, so kann das „falsche“ Protein funktionsfähig sein. Das Lebewesen ist lebensfähig. Es hat sich eine neue Variante einer Aminosäurese - quenz gebildet, die durch Vererbung weitergegeben werden kann (Abb. 145.1). UUU Phe UCU Ser UAU Tyr UGU Cys UUC Phe UCC Ser UAC Tyr UGC Cys UUA Leu UCA Ser UAA Stop UGA Stop UUG Leu UCG Ser UAG Stop UGG Trp CUU Leu CCU Pro CAU His CGU Arg CUC Leu CCC Pro CAC His CGC Arg CUA Leu CCA Pro CAA Gln CGA Arg CUG Leu CCG Pro CAG Gln CGG Arg AUU Ile ACU Thr AAU Asn AGU Ser AUC Ile ACC Thr AAC Asn AGC Ser AUA Ile ACA Thr AAA Lys AGA Arg AUG Met ACG Thr AAG Lys AGG Arg GUU Val GCU Ala GAU Asp GGU Gly GUC Val GCC Ala GAC Asp GGC Gly GUA Val GCA Ala GAA Glu GGA Gly GUG Val GCG Ala GAG Glu GGG Gly Abb. 144.1: Der genetische Code – Leseraster (Der genetische Code ist für die m-RNA definiert) Abb. 144.2: Von der DNA über die RNA zu den Proteinen C A G A U A C A G G C U A A U U C U A U G U C C G A U U A Val Ty Val Arg Leu einzelner DNA-Strang gebildeter m-RNA-Strang m-RNA-Strang sich bildende Aminosäurekette → PROTEIN G mit einer Aminosäure beladene t-RNA A A T C A G A T A C A G G C T A A T U U A G U C U A U G U C C G A U U A 9 der STOFFWeCHsel Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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