EL-MO II Moleküle, Schulbuch

139 An dieser Stelle tritt auch das bei der Fettverdauung entstehende Glycerol in den Abbauweg ein. Es wird unter ATP-Aufwand und NADH-Gewinn zu Glyceral-3-phos- phat umgebaut. Im nächsten Schritt wird Glyceral zu Glycerolsäure oxidiert. Dabei wird ein NADH gewonnen. Bei dieser Redox-Reaktion wird genügend Energie frei, um eine weitere Phosphatgruppe in das Molekül einzubringen, diesmal als Säureanhydrid. Dazu ist kein ATP notwendig. Als Endprodukt entsteht 1,3-Bisphosphoglycerat. Nun erfolgen die Schritte zur Produktion von ATP. Zuerst überträgt 1,3-Bisphospho- glycerat eine Phosphatgruppe auf ADP. Dabei entstehen ATP und 3-Phosphoglycerat. Dieses überträgt (in einer in mehreren Teilschritten ablaufenden Reaktion) eine weitere Phosphatgruppe auf ADP. Zugleich wird Wasser abgespalten und es entsteht das Pyruvat, das Salz der Brenztraubensäure, und ein ATP. Bis zu diesem Punkt verlaufen alkoholische Gärung und Glycolyse anaerob und ae- rob in gleicher Weise. Die Unterschiede werden im nächsten Schritt bei der Verwer- tung des Pyruvates sichtbar. Auch die alkoholische Gärung in der Hefe verläuft bis hierher über exakt denselben Weg. Dies ist ein schönes Beispiel für die Universalität biochemischer Prozesse, die die entwicklungsgeschichtliche Verwandtschaft aller Lebewesen zeigt. Anaerobe Abbauwege Für die anaeroben Abbauwege muss ein Schritt folgen, bei dem das NADH, das bei der Glyceraloxidation entstanden ist, wieder verbraucht wird. Bei der alkoholischen Gärung wird das Pyruvat zu Ethanal decarboxyliert. Ethanal verbraucht anschließend das bei der Glycolyse entstandene NADH und wird zu Ethanol reduziert (Abb. 139.1). Ethanol wird von der Hefe ausgeschieden. Bei der anaeroben Glycolyse wird Pyruvat durch NADH zu Lactat reduziert (Abb. 139.2). Lactat kann in den Zellen gespeichert werden. Neben 2 Lactat-Molekülen pro Glucose entstehen in der Gesamtbilanz 2 ATP-Moleküle. Bei starkem Energiebedarf läuft also die anaerobe Glycolyse. Dies ist natürlich nicht bis zu beliebig hohen Lac- tatkonzentrationen möglich. Außerdem wird das Puffersystem des Organismus überfordert, denn eigentlich entsteht Milchsäure, die nur in den gepufferten Zellen als Lactat vorliegt. In Ruhephasen muss das Lactat daher wieder aerob abgebaut werden. In der Sportmedizin spricht man von einer „Sauerstoffschuld“, die der Kör- per eingeht. Über die Messung der Lactatkonzentration im Blut kann auch die In- tensität eines sportlichen Trainings verfolgt werden. Die Milchsäuregärung bei der Erzeugung von Sauermilch und Jogurt funktioniert durch Mikroorganismen über denselben Weg wie die anaerobe Glycolyse beim Men- schen. Die entstandene Milchsäure wird von den Mikroorganismen ausgeschieden. Der aerobe Abbauweg Bei der aeroben Glycolyse wird Pyruvat unter Decarboxylierung mit NAD + zu Essig- säure oxidiert. Dabei entsteht ein weiteres NADH. Bei dieser Reaktion wird genügend Energie frei, um die Essigsäure mit Coenzym-A zu aktivieren. Im aeroben Weg wur- den also pro Glucose 2 ATP, 4 NADH, 2 CO 2 und 2 Acetyl-Coenzyme A gebildet. Beim Lactatabbau wird Lactat wieder unter NADH-Bildung zu Pyruvat oxidiert und das Pyruvat wie besprochen aerob umgesetzt (Abb. 139.3). Pyruvat kann aber auch als Ausgangsstoff zur Glucosesynthese in der Leber dienen. Dieser als Gluconeogenese bezeichnete Vorgang ist energieaufwändig. Er ist aber in Hungerperioden lebensnotwendig, da Glucose ein für den Organismus unverzicht- bares Molekül ist. Wird sie nicht mit der Nahrung zugeführt, so muss sie aus Depot- fett und Aminosäuren über Pyruvat erzeugt werden. Der genaue Mechanismus der Gluconeogenese wird im Rahmen dieses Buches nicht besprochen. CH 3 C C O O O CH 3 C Ethanal Ethanol O H NAD NADH.H CH 3 C Pyruvat O H H H CO 2 H CH 3 C C O O O Lactat (Salz der Milchsäure) NAD Pyruvat (Salz der Brenztraubensäure) NAD NADH.H NADH.H CH 3 C C O O O H H CH 3 C C O O O NAD NADH Acetyl- Coenzym A NAD NADH.H Lactat CH 3 C C O O O H H Pyruvat NAD NADH.H HS CoA CO 2 CH 3 C O S CoA Abb. 139.1: Alkoholische Gärung Abb. 139.2: Anaerobe Verwertung von Pyruvat = Milchsäuregärung Abb. 139.3: Aerobe Verwertung von Lactat u. Pyruvat ADH ⊕ NAD ⊕ NADH NAD ⊕ NADH NAD ⊕ NADH NAD ⊕ NADH NAD ⊕ ADH 9.3 KOhlenhYDratstOffWechsel Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=