EL-MO II Moleküle, Schulbuch

105 7.2 erDÖl Produkte der Raffinerie Vergaserkraftstoff (Benzin) Das Benzin aus der Primärdestillation ist für den direkten Einsatz als Treibstoff für Ottomotoren ungeeignet. Seine Klopffestigkeit ist zu gering. Beim Verdichten des Benzin-Luft-Gemisches im Ottomotor kann es zu unkontrollierten Selbstentzündun- gen des Gemisches kommen und zu explosionsartiger Verbrennung. Das bewirkt statt eines gleichmäßigen Schubes auf den Kolben einen Schlag mit entsprechender Be- lastung der Pleuel- und Kurbelwellenlager. Diese unerwünschte Erscheinung nennt man Klopfen oder Klingeln . Je höher ein Motor verdichtet, desto besser ist zwar sein Wirkungsgrad, desto wahrscheinlicher wird aber die klopfende Verbrennung. Als Maß für die Klopffestigkeit eines Vergasertreibstoffes dient die Octanzahl OZ. Unverzweigte Kohlenwasserstoffe sind klopffreudig, stark verzweigte, ringförmige oder aromatische sind klopffest. Zur Definition der Octanzahl ( OZ ) wählt man das unverzweigte Heptan, dem die Octanzahl 0, und das stark verzweigte 2,2,4-Trimethylpentan (Trivialname Isooctan), dem die Octanzahl 100 zugeordnet wird. Durch Mischen der beiden Komponenten kann jede Octanzahl zwischen 0 und 100 erhalten werden. Die Octanzahl wird durch den Prozentsatz Isooctan im Gemisch festgelegt. Benzin besteht nun nicht nur aus diesen zwei Substanzen. Die Octanzahl gibt daher an, dass das Benzin dieselbe Klopf- festigkeit hat wie das entsprechende Standardgemisch. Für noch klopffestere bzw. klopffreudigere Treibstoffkomponenten als Isooctan bzw. Heptan wird die Skala sinnvoll erweitert, sodass Octanzahlen > 100 bzw. < 0 möglich sind (Abb. 105.1). Moderne Motoren haben einen (von der Verdichtung abhängigen) Octanzahlbedarf zwischen 91 und 98 (91 Normalbenzin, 95 Superbenzin und 98 Super plus). Zur Her- stellung solcher Treibstoffe muss die Octanzahl angehoben werden (Abb. 105.2). Die Verbesserung der Benzinqualität erfolgt heute durch Isomerisieren und Refor- mieren (Platformen). Beim Isomerisieren wird die Leichtbenzinfraktion (C5, C6) bei ca. 260 °C über einen Platinkatalysator geleitet. Dabei wandeln sich unverzweigte in stark verzweigte Kohlenwasserstoffe um. Die Octanzahl steigt von etwa 70 auf bis zu 90 an, was immer noch wenig ist. Beim Platformen wird die Schwerbenzinfraktion (Octanzahl 40–60) ebenfalls an Platinkatalysatoren umgewandelt (Platin-Reformer = Platformer). Die Umwandlung erfolgt bei 520 °C unter beträchtlichem Wasserstoffdruck. Beim Platformen entste- hen hauptsächlich Aromaten. Als Nebenprodukt der Umwandlung werden auch gas- förmige Alkane und Wasserstoff gebildet. Die Octanzahl des Platformats liegt bei etwa 100. Trotzdem kann nicht zu viel Platformat zur Benzinherstellung verwendet werden, da der Gehalt an Krebs erregendem Benzen im Benzin gesetzlich beschränkt ist. Das Crackbenzin, das mengenmäßig die wichtigste Benzinkomponente für Nor- malbenzin ist, hat eine Octanzahl von über 90 und muss nicht nachbehandelt werden. Zur Normalbenzinherstellung mischt man dem Crackbenzin unbehandeltes Top- Benzin bei. Superbenzin wird aus Crackbenzin, Platformat und isomerisiertem Leicht- benzin gemischt. Für Super plus kann die Octanzahl 98 nur durch Zusatz von MTBE (Methyltertiärbutylether) mit Octanzahl 120 erreicht werden. MTBE wird aus Methyl- propen (aus dem Steamcracker) und Methanol hergestellt (Abb. 105.3). Der Zusatz von Ethanol („Biosprit“) soll in Zukunft gesetzlich vorgeschrieben werden, ist aber nur dann wirtschaftlich möglich, wenn der Ethanolanteil von der Mineralöl- steuer befreit wird. Da Ethanol aber wegen seiner hydrophilen Wirkung beim Mischen mit Benzin eine Trübung gibt, plant man, Ethanol in ETBE (Ethyltertiärbutylether) umzuwandeln. ETBE hat eine ähnliche Octanzahl wie MTBE. Zusätzlich setzt man dem Benzin noch Butan zu. Dieses verbessert die Kaltstartei- genschaften. Butan hat ebenfalls eine hohe Octanzahl. Im Sommer wird weniger Butan verwendet, da es als Gas im Benzin gelöst ist, aus dem Tank entweichen und zu Kohlenwasserstoffbelastungen der Atmosphäre führen kann. Durch Dampfbla- senbildung in den Benzinleitungen wäre auch bei zu hohem Dampfdruck eine gleich- mäßige Gemischaufbereitung gestört. Zusätze, die Polymerisationen der ungesättig- ten Komponenten des Benzins verhindern, bewirken Lagerstabilität und Haltbarkeit des Benzins. ■ 105.1: Formulier die Herstellung von ETBE (Reaktionsgleichung mit Struktur- formeln). Verwend dabei die Abbildung 105.3. (Herstellung von MTBE). ÜBungen 2-Methyl-pent-1-en Hex-1-en Toluen Benzen Cyclohexan Cyclopentan Decan Nonan 2,2,4-Trimethylpentan Octan 2,2,3-Trimethylbutan 2,3-Dimethylpentan 3-Methylhexan 2-Methylhexan Heptan 2-Methylpentan Hexan Methylbutan Pentan –60 –40 –20 0 20 40 60 80 100 120 Butan Normalbenzin OZ 91 Super plus OZ 98 Crack- Benzin Crack- Benzin MTBE Platformat Isomerisat Top-Benzin H 2 C C CH 3 CH 3 H 3 C C O H 3 C CH 3 CH 3 H 3 C OH Abb. 105.2: Zusammensetzung von Normal- und Superbenzin Abb. 105.3: Herstellung von MTBE Abb. 105.1: Octanzahlen verschiedener Kohlenwasserstoffe Methanol Methylpropen MTBE Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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