EL-MO II Moleküle, Schulbuch

104 7 FOSSIle ROHSTOffe Entschwefelung Die Fraktionen, die durch die Destillationsschritte gewonnen wurden, müssen nun zu brauchbaren Produkten weiterverarbeitet werden. Dazu ist im ersten Schritt eine Ent- schwefelung nötig (Abb. 103.3). Sie erfolgt auf katalytischem Weg durch Reaktion mit Wasserstoff. Der Schwefel ist im Erdöl in Form von Thiolen und Thioethern gebunden. Diese reagieren mit Wasserstoff am Katalysator zu Alkanen und Schwefelwasserstoff. CH 3 –S–C 10 H 21 + 2 H 2 → C 10 H 22 + CH 4 + H 2 S Der Schwefelwasserstoff ist im Erdölprodukt gelöst und wird anschließend über eine Fraktionierkolonne (Stripperkolonne) abgetrennt. Er wird nach dem Claus-Verfahren in elementaren Schwefel umgesetzt und dient als Rohstoff für die chemische Indus- trie (zB Schwefelsäureherstellung). 2 H 2 S + 3 O 2 → 2 SO 2 + 2 H 2 O 4 H 2 S + 2 SO 2 → 6 S + 4 H 2 O Cracken Die Menschheit benötigt aus dem Erdöl vor allem die Produkte der Primärdestillation zur Treibstoffherstellung. Natürliches Erdöl besteht aber zum Großteil aus über 50 % schwer verdampfbaren Produkten. Um die Zusammensetzung des Rohöls dem Bedarf anzupassen, wurden die Crackanlagen konstruiert. Cracken (engl.: crack = zerbrechen) bedeutet ein Zerbrechen der langen Kohlenwasserstoffketten zu kürzeren. Dadurch wird aus dem überschüssigen Schwerprodukt vor allem das viel zu wenig vorhandene Benzin erzeugt. In der OMV-Raffinerie Schwechat wird vor allem das „ Fluid Catalytic Cracking “-Ver- fahren (FCC) angewandt (Abb. 104.1). Als Katalysator dient ein synthetisch hergestell- tes Silicat. Es wird als feiner Staub eingesetzt. Der Staub lässt sich pumpen wie eine Flüssigkeit (Fließbett). Das entschwefelte Vakuum-Gasöl wird mit dem heißen Kataly- sator (ca. 750 °C) vermischt und in einen Reaktor geblasen. Das Vakuum-Gasöl ver- dampft und crackt an der Katalysatoroberfläche. Die Crack-Produkte werden über ei- nen Staubabscheider, der den Katalysator zurückhält, entnommen und gelangen anschließend zu einer Fraktionierkolonne. Dort gewinnt man Crack-Gase, Crack-Benzin (Hauptmenge) und Crack-Gasöl, also Produkte, die auch die Primärdestillation liefert. Beim Cracken entstehen hauptsächlich ungesättigte Kohlenwasserstoffe, da beim Zer- brechen langer Ketten Wasserstoffmangel herrscht. Als unerwünschte Nebenreaktion bildet sich auch Ölkoks. Dieser lagert sich an den Katalysatorteilchen ab und macht diese unwirksam. Zugleich werden die Staubteilchen dadurch größer und schwerer und sinken im Reaktor zu Boden. Dort werden sie abgetrennt und im Regenerator mit Luft verbrannt. Der nicht brennbare Silicatkatalysator wird wieder wirksam und er- reicht dabei die hohe Temperatur, die zum neuerlichen Einsatz nötig ist. Neben katalytischen Crackverfahren werden auch thermische Crackverfahren einge- setzt. Der Visbreaker ist eine Anlage, in der der zähe Vakuumrückstand auf ca. 450 °C erhitzt wird. Dabei entsteht neben kleineren Mengen von Leichtprodukten vor allem eine Fraktion geringerer Viskosität, die besser für die Heizölherstellung geeignet ist. Eine Variante des thermischen Crackens ist das Steamcracken . Als Einsatzprodukt dient hier nicht das Vakuumprodukt, sondern Teile des Topbenzins aus der Primärdestillation. Es wird unter Zusatz von Wasserdampf schnell auf 850 °C erhitzt und danach rasch abgekühlt. Unter diesen Bedingungen entstehen vor allem gasförmige Alkene und Diene als Syntheserohstoffe für die chemische Industrie (Ethen, Propen, Butene und Butadiene). Aus diesen Produkten erzeugt man Kunststoffe, Kunstkautschuk, aber auch MTBE (Methyl-tertiär-butylether) und Isooctan für die Herstellung von Superbenzin. ■ 104.1: Katalytisches Cracken Gib in eine große, schwer schmelzbare Proberöhre ca. 5 mL Paraffinöl und so viel Perlkatalysator, dass dieser etwa zur Hälf- te aus der Flüssigkeit herausragt! Bau eine Apparatur nach nebenstehender Abbil- dung auf! Erhitz danach zuerst den trocke- nen Katalyator und anschließend den mit Paraffinöl getränkten! Das Paraffinöl ver- dampft und crackt am heißen Katalysator. Die flüssigen Crack-Produkte sammeln sich im U-Rohr an. Fang die gasförmigen am Ende der Apparatur in einer Proberöhre auf (schwerer als Luft, Proberöhre sofort verschließen)! Nun entzünd die ausströ- menden Crack-Gase am spitzen Glasrohr! Sie brennen mit rußender Flamme . SCHÜlerVerSuCH ■ 104.2: Nachweis von Crack-Produkten Weis den ungesättigten Charakter von Crack-Benzin nach, indem du zum Produkt in der Kühlfalle einige Tropfen Bromwasser zu- fügst und schüttelst! Verfahr ebenso mit einer Probe Crack-Gas, die du in einer Proberöhre aufgefangen hast! Paraffin entfärbt Bromwasser nicht. Überprüf dies mit einigen Tropfen Paraffinöl! Crack-Benzin unterscheidet sich in Geruch und Flammpunkt von Paraffinöl. Entzünd je einige Tropfen von Crack-Benzin und Par- affinöl in einer Porzellanschale! Paraffinöl lässt sich nicht entzünden. Entsorgung: Kanister Cl SCHÜlerVerSuCH Perl- katalysator Paraffinöl Benzin Crack- Gase Glaswolle Abb. 104.1: Katalytisches Cracken Heißluft Vakuumdestillat entschwefelt Crack-Gas 13% Crack-Benzin 50% Crack-Gasöl 22% Sumpföl 10% Rauchgas Koks 5% Reaktor Abscheider Regenerator Fraktionier- kolonne Katalysator regeneriert Katalysator verbraucht Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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