EL-MO II Moleküle, Schulbuch

103 7.2 erDÖl Verarbeitung des Rohöls in der Raffinerie Rohöl besteht aus Tausenden verschiedenen Verbindungen wechselnder Zusam- mensetzung. Die Raffinerie hat die Aufgabe, daraus wichtige Produkte wie Treib- stoffe, Schmierstoffe, Bitumen und Chemierohstoffe herzustellen. Die Mengen, die jährlich verarbeitet werden müssen, sind riesengroß. Die Raffinerie Schwechat der OMV zB hat eine jährliche Verarbeitungskapazität von über 10 Millionen Tonnen Rohöl. Sie deckt damit den Großteil des österreichischen Bedarfes an Mineralölpro- dukten. Primär- oder atmosphärische Destillation Der erste Schritt in der Raffinerie ist die Zerlegung von Rohöl in Fraktionen (= Ge- menge mit ähnlichem Siedebereich). Diese erfolgt im Fraktionierturm . (Abb. 103.1) Das Rohöl wird in einem Röhrenofen auf etwa 350 °C erhitzt, wobei ein Teil des Öls verdampft. Dieses Gemisch aus Dampf und Flüssigkeit wird in den Fraktionierturm geleitet. Die flüssigen Anteile sammeln sich am „Boden“ (= Stockwerk) unterhalb des Einlaufes. Dort gelangen sie über Überläufe in tiefere Böden und schließlich in den „Sumpf“ (unteres Kolonnenende) und werden zur weiteren Verarbeitung abgezogen. Der Dampf steigt in der Kolonne auf. Jeder Boden der Kolonne ist mit glockenförmi- gen Aufsätzen versehen, die den Dampf zwingen, durch die Flüssigkeit zu strömen, die sich am Boden angesammelt hat. Dampf und Flüssigkeit gleichen dabei ihre Temperatur aneinander an, aus dem Dampf kondensieren die für die Bodentempe- ratur passenden Komponenten (Kondensationsschritt). Die Temperatur nimmt Rich- tung Kolonnenkopf ab. Daher finden sich auf den Böden der Kolonne Richtung Kopf Fraktionen mit fallendem Siedepunkt. Um die Trennschärfe zu verbessern, ist jeder Boden mit einem Überlauf ausgestat- tet. Über diesen fließt ständig Flüssigkeit in den darunterliegenden Boden. Dort ist die Temperatur höher, die Flüssigkeit siedet und verdampft neuerlich (Destillations- schritt). Eine Fraktionierkolonne hat 30 bis 40 Zwischenböden. An einigen werden die Pro- dukte entnommen, andere wieder dienen nur zur Verbesserung der Trennleistung. Natürlich muss genauso viel Produkt entnommen werden, wie Rohöl zugeführt wird. Am Kolonnenkopf werden im Rohöl gelöste Gase und Benzin (Topbenzin oder Straight-run-Benzin) gewonnen. Beim Abkühlen kondensiert Benzin von den Gasen. Es wird üblicherweise noch in Leichtbenzin (C 5 - und C 6 -Anteile) und Schwerbenzin (C 7 - bis C 9 -Anteile) zerlegt. Die Siedegrenzen der gesamten Benzinfraktion betragen 20–180 °C. Die nächst „schwerere“ (= schwerer verdampfbare) Fraktion ist Petroleum oder Ke- rosin mit Siedegrenzen von 180–250 °C. Als ungefähre Kohlenstoffzahl der Bestand- teile kann C 10 –C 14 angenommen werden. Die nächste Fraktion nennt man atmosphärisches Gasöl . Ihr Siedebereich liegt bei 250–330 °C. Die Kohlenstoffzahl der Verbindungen liegt etwa bei C 15 –C 18 . Das Spindelöl ist die schwerste Fraktion der Primärdestillation. Es dient zur Gewin- nung dünnflüssiger Schmieröle und als Mischkomponente für Heizöl. Das Sumpfprodukt (atmosphärischer Rückstand) wird in der Vakuumdestillations- anlage weiterverarbeitet. Sekundär- oder Vakuumdestillation Sie erfolgt bei vermindertem Druck, um die Siedepunkte der Komponenten herab- zusetzen. Die Trennung funktioniert ähnlich wie bei der Primärdestillation. Als Pro- dukte gewinnt man hauptsächlich 3 Komponenten: Als leichtest siedende Kompo- nente das Vakuum-Gasöl, das in der Crackanlage weiterverarbeitet wird, ein Mitteldestillat, das hauptsächlich als Mischkomponente für Heizöl schwer dient, sowie ein Sumpfprodukt. Dieses dient ebenfalls zur Heizöl-schwer-Produktion und zur Herstellung von Bitumen für Feuchtigkeitsisolierungen und Asphalt für den Stra- ßenbau. (Abb. 103.2) Die früher in der Vakuum-Destillation gewonnenen Schmieröle werden heute großteils synthetisch hergestellt. Rückstand Rohöl Gas Primärbenzin Petroleum Gasöl Spindelöl Ofen Destillations- kolonne Wärmetauscher Abb. 103.1: Atmosphärische Destillation des Rohöls Vakuum- rückstand Rückstand der Primärdestillation Vakuumpumpe Bitumen Visbreaker Crackanlage Heizöl schwer Ofen Vakuum- Gasöl Heizöl schwer Entschwefelte Destillate Schwefel Schwefelhältige Produkte Clausanlage H 2 S Gasöl Kerosin Primärbenzin Wasserstoff Reaktor Stripperkolonne Abb. 103.2: Vakuum-Destillation des Rückstandes aus der Primärdestillation Abb. 103.3: Katalytische Entschwefelung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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