EL-MO I Elemente, Schulbuch

2. Semester: Stoffumwandlungen und Energetik 143 143 Moderne Säure-Base-Theorien Die erste Theorie über Säuren, die wissenschaftlichen Untersuchungen stand- hielt, war die Vorstellung von Justus von Liebig (1803–1873), dass Säuren solche Stoffe sind, in denen das Element Wasserstoff durch ein Metall ersetzt werden kann. Damit war auch die Herstellung eines Salzes aus einer Säure durch Reaktion mit einem Metall erklärbar, da bei dieser Reaktion Wasserstoff entsteht. zB: 2 HCl + Fe → FeCl 2 + H 2 2 HCl + Ca(OH) 2 → CaCl 2 + H 2 O Arrhenius Nach der Entwicklung der Theorie der Ionen, vor allem durch Michael Faraday (1791 bis 1867), veröffentlichte der schwedische Chemiker Svante Arrhenius (1859–1927) im Jahre 1887 eine erste umfassende Theorie von Säuren und Basen. Er erkannte, dass saure Stoffe, in Wasser gelöst, in Protonen und Säurerest-Anio- nen zerfallen. Er nannte diesen Vorgang Dissoziation . Daraus definierte er: Säuren sind Stoffe, die in wässriger Lösung Protonen bilden. Er konnte auch finden, dass als basisch geltende Stoffe in Wasser gelöst in Hy- droxid-, dh. OH – -Ionen und Metall-Ionen zerfallen. Basen sind Stoffe, die in Wasser gelöst in Metall- und Hydroxid-Ionen zer- fallen. Mit dieser Vorstellung konnte er zeigen, dass die Wirkung saurer Stoffe durch Zu- gabe eines basischen Stoffes – alles nur in wässriger Lösung – aufgehoben wird, da Protonen und Hydroxid-Ionen zu Wasser reagieren. Saure Lösungen enthalten also H + -Ionen, basische OH – -Ionen. Die Arrhenius-Vorstellungen haben daher nur für wässrige Lösungen Gültigkeit! Dieser Prozess – Säure + Base → Wasser + Salz – wurde als Neutralisation bezeichnet. Der Umstand, das solche „neutralen” Lö- sungen, nicht unbedingt pH = 7 aufweisen müssen und damit im engeren Sinne nicht neutral sind, sowie die Tatsache, dass basische Stoffe nicht Hydroxide sein müssen, führte bald dazu, die Theorie von Arrhenius stark zu erweitern. Br ø nstedt und Lowry 1923 konnten Br ø nstedt und Lowry eine Theorie präsentieren, die diese Ein- schränkungen nicht mehr notwendig machte. Den Informationen zu Säuren und Basen in diesem Buch liegen diese Vorstellungen zu Grunde. (Siehe Seite 128) Die Begriffe „Säure” und „Base” waren von nun an keine den Stoffen zuzuord- nende Eigenschaft, sondern ein Verhalten dieser Stoffe in einer spezifischen Umgebung. So kann zB Natriumhydrogensulfit bei Reaktion mit Ammoniak als Säure, aber bei Reaktion mit Salzsäure als Base wirken. Gilbert Newton Lewis Damit ein Stoff nach Br ø nsted als Base wirken kann, muss er in der Lage sein, Pro- tonen aufzunehmen. Dazu benötigt ein solches Teilchen ein freies Elektronenpaar. Lewis (1875–1946) stellte 1923 mit seiner erweiterten Säure-Base-Theorie fest, dass ein Teilchen, welches ein freies Elektronenpaar zu Verfügung stellen kann, als Base wirken kann. Eine Base ist nach Lewis also ein Elektronenpaardonator. Umgekehrt definiert er alle Teilchen, die ein solches Elektronenpaar besetzen können – also eine Lücke in ihrem Elektronenoktett aufweisen – als Säuren. Eine Säure ist nach Lewis ein Elektronenpaarakzeptor. Mit dieser Theorie läßt sich daher leicht erklären, warum eine Lösung von Eisen(III)-chlorid in Wasser stark sauer ist. Die Fe 3+ -Ionen besitzen zuwenig Elektronenpaare und ziehen die freien Elektronenpaare des Wassers an. Dadurch wird das Wasser gezwungen H + -Ionen abzugeben. Neben dem Eisen(III)-chlorid ist vor allem Aluminium(III)-chlorid eine wichtige „Lewissäure“. Das spielt vor allem in der organischen Chemie bei den sogenann- ten "Friedel-Crafts-Reaktionen" – dabei wird zB ein Chlor-Atom in einem Molekül durch eine CH 3 -Gruppe ersetzt – als Katalysator eine wichtige Rolle. Abb. 143–1: Vergleich der S-B-Theorien Abb. 143–2: Säure-Base-Reaktion nach Lewis Üb Übung 143.1 Stelle die Reaktionsgleichungen für die Bil- dung von einem Salz aus Säure und Base auf: a) Calciumhydrogencarbonat aus Koh- lensäure und Calciumhydroxid-Lösung (Kalkwasser) b) Magnesiumdihydrogenphosphat aus Phosphorsäure und Magnesiumhydro- xid-Lösung c) Natriumsulfit aus schwefliger Säure und Natronlauge d) Ammoniumsulfat aus Schwefelsäure und Ammoniumhydroxid-Lösung ! zur „ Neutralisation" k Neutralisation nennt man die Reaktion einer Säure mit einer Base. k Das Produkt einer solchen Neutralisation muss aber nicht neutral im Sinne von pH = 7 sein. k Eine Lösung heißt neutral, wenn sie ei- nen pH-Wert von 7 aufweist. Eine solche Lösung muss nicht durch "Neutralisation" im obigen Sinne entstanden sein. Säure Base Protonenbildung in wässriger Lösung Hydroxid-Ionen in wässriger Lösung Protonenabgabe (H + -Ionen-Donator) Protonenaufnahme (H + -Ionen-Akzeptor) Elektronenpaar- abgabe (EP-Donator) Elektronenpaar- aufnahme (EP-Akzeptor) Arrhenius Br ø nstedt Lewis Al Cl Cl Cl Lewis-Base Lewis-Säure Reagiert mit negativ polarisierten Teilchen H CH H Cl Al Cl Cl Cl H CH H Cl KM-6: Üb rtragung – Umgang mit Materi Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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