EL-MO I Elemente, Schulbuch

142 142 Alte Säure-Base-Vorstellungen Exkurs Die Entwicklung der Säure-Base-Vorstellungen Saure und basische Stoffe in der Antike Schon bei den alten Ägyptern waren die speziellen Eigenschaften saurer Stoffe bzw. saurer Lösungen bekannt. Neben dem spezifischen Geschmack erkannte man auch die Lösefähigkeit solcher Stoffe für bestimmte Metalle und nutzte zB die Reaktion von Essig mit Kupfer um ein grünes Pigment für die Malerei zu gewinnen. Säuren und Basen in der mittelalterlichen Alchemie Essig (lat. acetum), eine etwa fünfprozentige wässrige Lösung der Verbindung Essigsäure, war lange die einzige Säure die den Menschen bekannt war. In der Al- chemie galt Essig als Ursäure auf der die Eigenschaften aller sauren Substanzen beruhten. Neben einer ätzenden – hautschädigenden – Wirkung war auch das Aufschäumen von verschiedenen Mineralien beim Kontakt mit sauren Stoffen ein Charakteristikum. Bis ins 14. Jahrhundert waren außer Essig nur bestimmte Pflanzensäfte mit diesen Eigenschaften bekannt. Die bekannten Mineralsäuren wie Schwefelsäure, Salzsäure und Salpetersäure kennen die Menschen erst seit dem frühen Mittelalter. Sie wurden von den Alche- misten „entdeckt“. Die mittelalterlichen Alchemisten entdeckten auch, dass seifige Stoffe mit Säu- ren Salze bildeten und dabei die saure Wirkung verloren ging. Diese seifigen Stoffe waren also die „Basis“ zur Herstellung von Salzen. Von dieser Vorstellung leitet sich der Begriff Base ab. Sehr bald entwickelte sich eine dualistische Vorstellung der Begriffe „Säure” und „Base”, zurückgehend auf die Idee von Empedokles vom „Krieg der Gegensätze”. Die Iatrochemiker Franciscus Silvius (1614 – 1672) und Otto Tachenius (1620 – 1690; Schüler von Silvius) brachten das Prinzip in Zusammenhang mit der Ver- dauung (Speichel und Magensaft waren sauer, hingegen Gallensaft basisch). Das Aufbrausen beim Zusammenführen von Säuren mit Basen wurde als stoff- spezifisch angesehen. Robert Boyle (1627–1691) entwickelte Indikatoren aus Pflanzenextrakten (zB Veilchensaft) mit deren Hilfe er zwischen Säuren, Basen und neutralen Stoffen unterschied. Eine Säure ist ein Stoff, der mit Kreide aufbraust, aus Schwefel- leber Schwefel ausfällt, gewisse Pflanzenfarbstoffe rötet und durch eine Base neutralisiert wird, wodurch alle diese Eigenschaften aufgehoben werden. Diese Eigenschaft bestimmter Pflanzensäfte, und mit ihnen verwandter synthetischer Farbstoffe, nutzt man heute als Indikatoren und damit, wie die frühen Alchemis- ten, zur Indentifikation von sauren und basischen Lösungen. Boyle lehnte die aristotelische Lehre strikt ab und war ein Verfechter der auf- kommenden Teilchentheorie. Die Klärung des Säure-Base-Begriffes wurde daher zunächst aufgrund der Molekülgestalt versucht. Bestimmte Forscher äußerten die Ansicht, die kleinsten Teilchen von sauren Stoffen hätten eine spitze Gestalt und die Basen hätten poröse Molekeln. Die Neutralisation bestehe dann in dem Eindringen der Spitzen in die Poren. Demnach sollte eine besondere Gestalt oder Struktur der Moleküle die Eigenschaft sauer bewirken. Auch Sir H. Davy hatte 1814 den Gedanken geäußert, wonach eine bestimmte Anordnung der Moleküle saure Eigenschaften bedinge. Säure-Base-Theorien Der berühmte Chemiker Antoine Lavoisier (1743–1794) versuchte eine Theorie für Säuren und Basen aufzustellen. In seinen Vorstellungen war das Element Sauer- stoff für die saure Wirkung verantwortlich. Daher gab er diesem Element den Namen „Sauerstoff”. Diese Überlegung wurde bald verworfen, da einige damals bekannte Säuren keinen Sauerstoff enthielten (zB Salzsäure). Abb. 142–1: Schon früh bekannte saure und basische Stoffe Saure Stoffe Essigsäure Durch Vergärung alkoholischer Getränke Milchsäure Zum Konservieren von Lebensmitteln Fruchtsäuren Aus den verschiedenen Früchten Ammoniumchlorid Aus der Oase Shiwa stammendes Salz Basische Stoffe Pottasche (Kaliumcarbonat) Gewonnen aus Holzkohlenasche Löschkalk (Calciumhydroxid) Gewonnen durch Brennen und Löschen von Kalk Natron (Soda, Natriumcarbonat) In ägyptischen Seen gefundenen Ammoniak Aus Jauche entstanden zum Namen „ Ammonium" In der westägyptischen Shiwa-Oase liegt ein stark salzhältiger See. Vor allem Am- moniumchlorid ist im Seewasser gelöst. Im Altertum bestand in besagter Oase – sogar Alexander der Große wurde dort zum Pharao von Ägypten gekrönt – ein Heiligtum des Gottes Amon (Amun). Da- her bekam das Salz im See den Namen des Gottes. Abb. 142–2: Robert Boyle (1627–1691) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=