Erziehung und Unterricht 2018/3+4
Buchbesprechungen 383 Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 Timo Jacobs – Susanne Herker (Hrsg.) (2018): Jenaplan-Pädagogik in Konzeption und Praxis: Perspek- tiven für eine moderne Schule. Ein Werkbuch. ISBN: 978-3-8340-1716-1. Schneider Verlag Hohengehren GmbH, Baltmannsweiler (557 Seiten). Die Attraktivität reformpädagogischer Konzepte ist unerschütterlich, Bildungswissenschaf- ter/innen, Pädagoginnen und Pädagogen, Studierende, aber auch Eltern und Schulverant- wortliche zeigen sich beständig interessiert. Viele reformpädagogische Ansätze haben die staatliche Schule beeinflusst und in das tägliche Lernen der Kinder Eingang gefunden. Damit war die Reformpädagogik dem pädagogischen Denken immer dienlich, für viele wurden sie zum Vorbild. Als einheitliche Bewegung ist sie jedoch nicht wahrnehmbar, eher als ein Konstrukt der Geschichtsschreibung. (vgl. Oelkers , S. 3f) Die vorliegende, umfassende Auseinandersetzung mit dem ‚Schulkonzept Jenaplan‘ macht deutlich, dass das schon in den 1920er Jahren in Jena von Peter Petersen entwickelte Schulmodell durchaus anschlussfähig an die großen schulpolitischen Herausforderungen und Fragen unserer Zeit ist. Die großen aktuellen Themen der Schulentwicklung: der Um- gang mit Heterogenität, das individualisierte Lernen, das selbstständige forschende Ler- nen, die Arbeit in inklusiven Settings, Kompetenzorientierung im Unterricht wie auch die Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern können durchaus auf elaborierte Mo- delle, Überlegungen und erfolgreiche Konzeptionen einer am Jenaplan orientierten Schul- entwicklung zurückgreifen. Timo Jacobs und Susanne Herker haben ihren Herausgeberband in fünf große Kapitel strukturiert. Aus unterschiedlichen Perspektiven nähert sich die interessierte Leserin bzw. der interessierte Leser bei der Lektüre des umfassenden Werkes dem Kerngeschäft von Schule: dem praktischen Unterricht. 59 Autorinnen und Autoren aus Bildungswissenschaft, Lehrerbildung und Schulpraxis gestalten diese umfassende Zusammenschau. Der erste Abschnitt ‚Jenaplan als Reformkonzept‘ bringt eine reformpädagogische Verortung und beleuchten die tragenden Säulen des Konzepts: „das Bild des Kindes, der Wert des Individuums, die Bedeutung von Gemeinschaft, das vielseitige Verständnis von Leistung (…), den Anspruch von Selbsttätigkeit des Kindes, die Rolle von Lehrpersonen sowie eine natürliche Altersmischung“ ( Seitz , S. 19). Im zweiten Abschnitt ‚Jenaplan als Schulkonzept‘ werden in fünf Beiträgen beispielsweise auf die schulphilosophische Rah- mung Gemeinschaft und Gesellschaft, Elternarbeit, die Grundformen der Bildung, aber auch auf den Leistungsbegriff eingegangen. Das Kapitel drei ‚Jenalan als didaktische Orien- tierung‘ widmet sich dem Aspekt der Weltorientierung, bietet Evidenzen zu Unterrichts- formen der Jenaplan-Pädagogik, scheut aber auch nicht die Auseinandersetzung mit ‚Contend and Language Integrated Language‘ oder digitalen Medien. Alle Versatzstücke einer aktuellen pädagogischen Schulentwicklung finden Beachtung in den sechs Beiträgen des Kapitels vier ‚Jenaplan als Konzept einer pädagogisch orientierten Schulentwicklung‘. Die Beiträge diskutieren unterschiedliche Aspekte von Schulentwicklung: zwischen Auftrag und pädagogischem Bedürfnis der Akteur/innen, zwischen ökonomisch-technischen und pädagogisch-didaktischen Ansatz, zwischen Theorie und Praxis der Jenaplan-Pädagogik, beleuchten die Praxisforschungen ebenso wie gewaltfreie Kommunikation oder Medien- pädagogik. Das Kapitel fünf ‚Jenaplan in der Praxis: Einblicke/Ausblicke‘ nimmt mit seinen 20 Beiträgen zentrale Themen, Anliegen, Schulprojekte, Jenaplan-Schulen und deren Lernkultur in den Blick. Die Vielzahl der Aufsätze bietet für Pädagoginnen und Pädagogen zahlreiche Andockstellen und macht Lust, sich selbst mit den Kindern auf die Reise zu einer neuen Lernkultur zu machen. Das vorliegende Werk bietet für Bildungswissenschafter/innen, Lehrerbildner/innen, Lehrkräfte, Studierende und pädagogische Interessierte gleichermaßen interessante Mo-
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