Erziehung und Unterricht 2018/3+4

374 Sieberer-Nagler, Philosophieren mit Kindern in der Grundschule Erziehung und Unterricht • März/April 3-4|2018 werden oft durch die Auseinandersetzung mit der konkreten Wirklichkeit, oft aber auch durch Nachbildungen, Abbildungen oder Symbole ermöglicht.“ ( BMBF 2012, S. 26) Camhy (2008) sieht in der Kinderphilosophie die Förderung des selbstständigen Den- kens. Ebenso werden grundlegende Lernziele erfüllt: die Verbesserung der Sprach- und Denkentwicklung, die Entfaltung der Kreativität, die Förderung der persönlichen und sozi- alen Entwicklung und die Förderung der Toleranz. Der Grundsatz der Aktivierung und Moti- vierung (vgl. BMBF 2012, S. 27) kommt durch die Weckung des Neugierverhaltens der Schü- lerinnen und Schüler ebenso zu tragen. Aufgrund der bisherigen Ausführungen wird ersichtlich, dass das Philosophieren mit Kindern eine hohe Relevanz für die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler hat (vgl. Ru- de 2008, S. 144). Es kann durchaus als ein allgemeines Bildungs- und Unterrichtsprinzip an- gesehen werden, das sich weder auf die Förderung von hochbegabten Kindern noch auf rein religiöse oder ethische Fragen beschränkt. Im Zentrum der Bemühungen stehen viel- mehr das Erlernen der Kulturtechnik „Philosophieren“ und die Vermittlung einer praktisch orientierten Lebensführung. Bereits junge Menschen wollen wissen, was das Leben ist und wie es funktioniert. Daher ist die Beschäftigung mit solch existenziellen Themen wichtig für die Herausbildung und Vertiefung von Wertehaltungen. Im Idealfall entsteht durch die- se Auseinandersetzungen die Kompetenz zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwor- tung, darüber hinaus wird eine lebenslange Demokratiefähigkeit erlangt (vgl. Wiesheu 2010, S. 141). Das Philosophieren mit Kindern wird in der Regel als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip verstanden. Philosophische Fragen können in vielen Kontexten behan- delt werden, vor allem in den Fächern Sachunterricht, Deutsch und Religion. Im Grunde handelt es sich um eine grundsätzliche Bildungsaufgabe. Unabhängig vom konkreten Fach ist bei der Unterrichtsgestaltung auf einen ganzheitlichen Ansatz und bei der Umsetzung auf die pädagogische Orientierung an den Kindern zu achten. Die didaktischen Prinzipien der Individualisierung und Differenzierung sind zu berücksichtigen ( Rude 2008, S. 145). Werden diese Grundvoraussetzungen erfüllt, können durch das Philosophieren mit Kin- dern zahlreiche erzieherische Ziele erreicht werden (vgl. Rude 2008, S. 146): • Selbstwirksamkeit und eine angemessene Selbsteinschätzung. • Wecken von Neugierde und individuellen Vorlieben. • Stärkung der Denk- und Problemlösefähigkeit, Phantasie und Kreativität. • Entwicklung von Respekt für andere Sichtweisen, Empathie und Perspektivenübernahme. • Ausbau der Kooperations- und Kommunikationskompetenzen sowie der Konfliktfähigkeit. Die Lehrerinnen und Lehrer müssen für sich im Vorfeld der Unterrichtseinheit klären, in welchem Umfang sie den philosophischen Dialog der Lernenden kontrollieren und steuern wollen (zum Beispiel durch die Anregung von Ideen durch Antworten). Dabei ist es wichtig, eine Balance zwischen Interaktion und der Förderung der philosophischen Kompetenz zu finden. Andererseits kann genauso gut eine Variante gewählt werden, bei denen die Schü- lerinnen und Schüler eigenständig miteinander diskutieren und die Lehrperson ohne Wortbeiträge nur beobachtet (vgl. Möller 2008, S. 26-27). Die konkrete Unterrichtsgestal- tung wird letztlich von den Lernvoraussetzungen der jungen Menschen und den schuli- schen Rahmenbedingungen abhängen. Bewährt hat sich allerdings ein Vorgehen, bei dem die Lehrkraft die Funktion eines Moderators einnimmt. Sie begleitet die Kinder bei ihrem Lernprozess und agiert als gleichberechtigter Gesprächspartner (vgl. Rude 2008, S. 143).

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